Ich kandidiere!

Nicht für das Amt des Bürgermeisters. Aber ich habe mir intensiv Gedanken gemacht. Nicht über eine Kandidatur, sondern darüber, was die Person, die in Zukunft die Verwaltung unserer Gemeinde führen will, erwartet und was wir Menschen in (Uhldingen)-Mühlhofen von ihr erwarten. Der Meldeschluss für Bewerbungen auf die Nachfolge von Edgar Lamm rückt näher. Neben den offizielle Bewerbungen gibt es Absichtserklärungen, Mutmaßungen, Gerüchte und ewige Kandidaten. Da ist noch einiges im Fluß bis zum 22. Februar. Ich würde mich sehr auf konkrete Wahlkampfziele der Bewerber freuen, nicht nur Allgemeinplätze, sondern auf ganz konkrete Ideen, wie sie unsere Gemeinde in die Zukunft führen wollen.

Make Mühlhofen Great Again!

Ok, „groß“ war Mühlhofen noch nie und es soll auch nicht um jeden Preis groß werden. Aber frei nach dem Motto eines unbedeutenden Lokalpolitikers aus New York muss es wieder großartig werden. Es hat als Gemeinde funktioniert und es funktioniert noch. Das Vereinsleben ist außergewöhnlich, die Bürgerinnen und Bürger sind engagiert und wollen ihren Ortsteil voranbringen. In Mühlhofen gab es einmal eine hervorragende Infrastruktur, Bäcker, (Lebensmittel-)Geschäfte und so weiter. Was ist passiert?

Aus Sicht Mühlhofens ist klar, dass ein Plan her muss. Wie soll sich Uhldingen-Mühlhofen entwickeln? Wollen wir weiterhin Baugebiete ausweisen, ohne eine Vorstellung davon, wie aus der Ansammlung von Häusern eine Gemeinde werden soll? Mühlhofen wird so zur Schlafsiedlung werden. Es fehlt ein klare Vorstellung für Mühlhofen (und nicht nur dafür, sondern für die gesamte Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen). Die muss entwickelt werden und sie muss auch umgesetzt werden. Bürgerschaftliches Engagement ist zu fördern und zu ermutigen und nicht in fast totalitärer Manier mit fadenscheinigen Begründungen zu unterdrücken. Die Menschen in Mühlhofen fühlen sich zurückgesetzt und ich meine, zu Recht.

Ein echter Masterplan: was ist unsere Geschichte?

„Masterplan Weltkulturerbe“. Hört sich hervorragend an. Hat auch was gebracht, keine Frage. Ein zubetoniertes Ufer beispielsweise. Aber wo ist der „Masterplan Uhldingen-Mühlhofen“? Unsere Gemeinde liegt in einer der schönsten Gegenden Europas. Sie ist ungemein attraktiv als Ferienziel. Aber sie altert rapide, was für jeden ersichtlich ist.

Im Moment sehe ich recht wenig Reaktionen auf diese Tatsache aus dem Rathaus, von gelegentlichen Seniorennachmittagen und -ausflügen mal abgesehen. Wo wollen wir hin? Wollen wir zum Florida Deutschlands werden? Zum Paradies für vermögende Rentnerinnen und Rentner? In gated communities? Oder zu einer Art Disneyland? Das ist sicher eine Möglichkeit, aber dann muss sie auch benannt werden. Wie eine solche Zukunft aussieht, kann jeder sehen, der wochentags im Winterhalbjahr in der Altstadt von Meersburg versucht, eine Brezel zu kaufen.

Wollen wir noch die Kurve kriegen und eine Gemeinde der Zukunft sein? Mit einer tragfähigen und bunten Alters- und Sozialstruktur? Mit einem echten Gemeindeleben das ganze Jahr über? Dann muss das entwickelt werden! Ein „Weiter-So!“ führt uns weder dort noch dort hin, sondern verdammt uns zum Stillstand und wird Unteruhldingen in ein Museum mit angeschlossenem Hotel- und Ferienwohnungsbetrieb und Oberuhldingen und Mühlhofen in reine Schlafdörfer verwandeln.

Was gehört noch dazu? Oben habe ich es erwähnt. Es werden Baugebiete ausgewiesen und bebaut, Menschen ziehen nach Uhldingen-Mühlhofen. Das alleine macht uns aber nicht zu einer funktionierenden Gemeinde. Es braucht einen Integrationsprozess. Der fängt schon bei der Anbindung der Baugebiete an. Sie einfach an den Rand zu klatschen und dann sich selbst zu überlassen, kann nicht der Weg sein. So geschehen im Ottenbohl II und III und im Ried. So wird es wahrscheinlich am Apfelberg und an der Grasbeurer Straße passieren. Neue Ortsgebiete müssen angebunden werden und es muss eine Idee davon geben, wo die Reise hin soll. Die neuen Gebiete brauchen eine ÖPNV-Anbindung und eine Infrastruktur. Wenn wir eine lebenswerte Gemeinde sein wollen, dann gehören da auch kurze (Fuß-)Wege dazu. Wie schwierig es ist, da was zu bewegen, zeigt sich an der Verlängerung der Ottenbohlstrasse.

Ein Masterplan muss her. Was wollen wir? Die Frage kann natürlich nicht nur die kommende Bürgermeisterin oder der kommende Bürgermeister beantworten. Aber ich erwarte, dass sie oder er einen Prozess in Gang setzt, an dessen Ende eine Idee steht, wie unsere Gemeinde aussehen soll.

Ein Beispiel: 1986 haben sich in der Gemeinde Schönau im Schwarzwald einige Bürgerinnen und Bürger das Ziel gesetzt, Schönau ökologisch über Solarenergie mit Energie zu versorgen. Gegen alle Zweifler und Widerstände haben sie an ihrer Idee festgehalten. Heute ist Schönau weltweit beachtet und ein Modell, wie es gelingen kann, einen Ort sauber mit Energie zu versorgen. Was soll unsere Geschichte werden?

Eine Gemeinde

Im Vertrag über die Vereinigung von Unteruhldingen, Oberuhldingen und Mühlhofen soll es einen Passus geben, der ein räumliches Zusammenwachsen der Gemeinden untersagen soll. Ich selbst habe mich um eine Kopie des Vertrags bemüht, bisher konnte mir den noch niemand organisieren (gerade auch wenn wohl weitere spannende Dinge, z.B. über die Schulen, drinstehen sollen). Als dieser Vertrag 1972 verhandelt und unterzeichnet wurde, war die Welt eine andere als heute. Man hat großen Wert darauf gelegt, dass die zukünftigen Ortsteile klar ihre Eigenständigkeit behalten. Das hat zu diesem Zeitpunkt sicher seinen Sinn gehabt.

Aber seitdem gab es einen Generationenwechsel. Die ersten Kinder, die in die neue Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen geboren wurden, werden dieses Jahr 48. Zeit also, die Gemeinde als Ganzes zu begreifen und zu denken. Das fällt Zugezogenen wie mir wahrscheinlich leichter. Den Herausforderungen, die auf uns zukommen, müssen wir uns als ganze Gemeinde stellen.

Insofern ist es also völlig egal, woher die neue Bürgermeisterin oder der neue Bürgermeister kommt. Ob aus Unteruhldingen oder aus Mühlhofen, ob sie oder er schon immer hier lebt oder erst zu uns zieht, aus der Gemeinde stammt oder „von außen“ kommt. Wenn sie oder er die Gemeinde als Ganzes sieht und sie auch so entwickeln will, hat sie oder er gute Chancen bei mir.

Wohnen, Leben, Arbeiten

Sicher schafft der Tourismus Arbeitsplätze, keine Frage! Doch sind es auch Arbeitsplätze, von deren Entlohnung eine Familie ernährt werden kann? Noch dazu dauerhaft? Ganz zu schweigen von der Frage, ob solche Familien in unserer Gemeinde überhaupt wohnen können. Das betrifft nicht nur die Menschen, die in Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben arbeiten. Sondern auch diejenigen, die uns die Brötchen beim Bäcker verkaufen, die im Rathaus hervorragenden Dienst an uns Bürgerinnen und Bürgern leisten, die unsere Grünanlagen pflegen, die unsere Autos reparieren, unsere Briefe zustellen und uns die Haare schneiden.

Ein Ort kann nur lebendig bleiben, wenn die unterschiedlichsten Menschen sich zusammenfinden und einbringen. Dafür brauchen sie Wohnraum und Arbeitsplätze. Eigenheimsiedlungen haben keine Zukunft. Sie sind ein aus der Zeit gefallenes Modell, dessen Flächenverbrauch inakzeptabel ist. Nebenbei sind freistehende Einfamilienhäuser für Normalverdienende fast nicht zu bezahlen. Entsprechende Baugebiete auszuweisen löst das Problem also nicht.

Es bedarf einer Verknüpfung von ökologischer, ökonomischer und – ebenso gleichwertig – sozialer Ansätze, um dieser Herausforderung zu begegnen. In diesem (scheinbaren) Spannungsfeld bewegen wir uns in der Zukunft und es ist keinesfalls so, dass diese Aspekte im Konflikt zueinander stehen.

Ökologisch heißt bei der baulichen Entwicklung unserer Gemeinde, den Flächenverbrauch zu minimieren, nachhaltige Bauweisen zu fördern und, was oft leider vergessen wird, Verkehr zu vermeiden, wo es möglich ist. Das geht, indem wir die ökonomischen Entwicklung vorantreiben, personalintensive Zukunftstechnologien in den Ort holen und eine Gründerszene fördern. Wenn jemand im Ort arbeitet, muss er nicht nach Friedrichshafen, Stockach, Konstanz oder sonst wohin pendeln. Nochmal: nichts gegen den Tourismus, im Gegenteil! Aber dauerhafte Arbeitsplätze mit einem vernünftigen Verdienst wird er uns keine liefern. 

Mit sozial meine ich nicht nur, dass die Gemeinde bei der Entwicklung von Wohnraum zwingend für eine hohe Quote an günstigen Wohnungen sorgen muss. Das ist mittlerweile überall angekommen. Auch Bildungspolitik ist Sozialpolitik. Machen wir unserer Schulen und Kindergärten zu besonderen Einrichtungen. Nehmen wir Geld in die Hand und wagen wir etwas. Ermutigen wir die Menschen in diesen Einrichtungen, neue Wege zu gehen. Sie leisten unschätzbar wichtige Arbeit. Bezahlen wir sie endlich angemessen und entlasten wir sie, indem wir nicht nur den vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel erfüllen, sondern deutlich darüber hinausgehen. Statten wir die Schulen und Kindergärten mit allem aus, was es braucht, um unsere Kinder bereit für morgen zu machen.

Ja, das alles kostet Geld und der scheidende Bürgermeister wird nicht müde, auf seine Verdienste zu verweisen, was den Haushalt angeht. Ich will nicht diskutieren, ob die Konsolidierung der Gemeindefinanzen auf sinnvollem und nachhaltigen Weg geschehen ist. Aber jetzt ist Geld da und es wird Zeit, es in die Zukunft zu investieren und es nicht nur in Beton zu giessen.

Auf die Personen kommt es an

Oft heißt es, in der Kommunalpolitik käme es doch „nur“ auf die handelnden Personen an. Die Erfahrung sei entscheidend. Wie gut sich jemand im Ort auskenne. Wie bekannt die Person sei. Persönliche Beziehungen seien wichtig. Das Parteibuch, wenn die Person überhaupt eins habe, sei doch letztendlich egal.

Ist das so? Ich bin mir nicht (mehr) so sicher. Das alles spielt bestimmt eine Rolle. Aber ist es wichtig, ob jemand Erfahrung in der Verwaltung gesammelt hat? Nützlich allemal. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister steht der Verwaltung vor, der Gemeinderat kontrolliert beide. Entsprechende Kenntnisse sind von Vorteil. Allerdings steht die Bürgermeister in oder der Bürgermeister nicht alleine da und zudem sind das Kenntnisse, welche sich auch aneignen lassen. Ungleich wichtiger als Fachwissen ist doch die Persönlichkeit, die jemand mitbringt. Was bringt Expertentum, wenn man sich nicht gegen die Verwaltung durchsetzen kann? Oder die Interessen der Gemeinde nicht überzeugend vertritt? Dazu gehört ein entsprechendes Auftreten, dazu gehören gesundes Selbstvertrauen, Organisationstalent und die Fähigkeit, Menschen zuzuhören, sie zusammenzubringen und moderieren zu können. Das muss einem Menschen gegeben sein. Es zu lernen ist nicht unmöglich. Aber es ist unheimlich schwer, dauerhaft gegen sein eigenes Naturell zu handeln.

Kürzlich habe ich in einem Gespräch den Satz gehört: „Wäre gut, wenn es jemand aus dem Ort wäre!“ Das denken sicherlich viele Wählerinnen und Wähler. Aber warum ist das so wichtig? Hat jemand aus dem Ort zwingend bessere Ideen? Nix gegen die Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Gemeinde, aber woanders wohnen auch Leute mit guten Ideen. Klar schadet es nicht, wenn man sich im Ort auskennt und weiß, wer die Ansprechpartner*innen sind. Wenn man mit dem Vereinsvorsitzenden X im Sandkasten gespielt und mit Wirtin Y als Teenager im Strandbad die Ferien genossen hat. Wenn die Besitzerin des Familienbetriebs die beste Freundin der Cousine ist. Das öffnet Türen, schafft Beziehungen und erleichtert einige Dinge ungemein. Aber es schafft eben auch Verbindlichkeiten und Kanäle, die nicht für alle transparent sind. Interessenlagen vermischen sich und manches ist dann auch nicht mehr so eindeutig zu trennen. Der momentane Amtsinhaber kam übrigens auch „von außen“.

„Weißt Du, mir ist das egal, was der für ein Parteibuch hat. Hauptsache, der setzt sich für den Ort ein!“ Hab ich auch gehört. Kann man auch so sehen. Aber für mich ist das zu kurz gesprungen. Die Tatsache, welcher Partei jemand angehört oder von wem sie oder er im Wahlkampf offen oder verdeckt unterstützt wird, sagt einiges über diesen Menschen, seine Wertvorstellungen, seine Ideen und seinen Kompass aus. Was nämlich im Interesse der Gemeinde und der Menschen, die darin leben, ist, lässt sich nicht einfach und eindeutig beantworten. Entscheidungen sollten auf Fakten beruhen, aber die Interpretation dieser Fakten und das, was man daraus ableitet, wird sehr wohl von der politischen Einstellung und den individuellen Erfahrungen einer Person beeinflusst. Jemand mit grundsätzlich konservativer Einstellung wird sicher keine großen Veränderungen anstreben, sondern auf Bewährtes und Althergebrachtes bauen. Ob das angesichts völlig neuer Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, ob wir es wollen oder nicht, die richtige Vorgehensweise ist?

Was braucht es noch? Es braucht politischen Willen zur Veränderung. Bei der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister und bei allen Handelnden. Oft werden tausend Gründe gesucht, weshalb eine Idee nicht zu verwirklichen ist, weshalb dieses und jenes nicht geht, was für Widerstände es eventuell geben könnte. Ich ganz persönlich bin der Meinung, dass alles möglich ist, wenn der politische Wille dazu da ist. Wir müssen gestalten. Das große Rad drehen. Nicht nur an einzelnen Schräubchen feinjustierten. Aber das muss man wollen und genau das braucht es! Einen Penis braucht man dafür übrigens nicht.