Wir machen als Gesellschaft und als Staat wieder die gleichen Fehler wie mehrere Male zuvor. Es beginnt zwar langsam ein Umdenken, trotzdem wird Integration von vielen Entscheidungsträger*innen in der Kommunalpolitik halbherzig als Pflichtaufgabe wahrgenommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die Vertriebenen, die an den Rand der Gesellschaft gestellt wurden (obwohl sie Deutsche waren). Später die Gastarbeiter*innen mit ihren Familien, bei denen man davon ausging, dass sie irgendwann wieder gehen würden. Auch sie alles andere als integriert, mit gravierenden Folgen bis in die Gegenwart. Dann die Spätaussiedler, die vor dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien Geflüchteten und viele mehr. Immer nach dem gleichen Muster. Die gehen schon wieder. Bisher sind die meisten aber geblieben.
Bei der Integration wird heute viel mehr getan als in den Situationen davor. Wir haben begriffen, dass mangelnde Integration zu Parallelgesellschaften führt, in denen Jugendliche mit wenig Chancen leben, die zusehends abgehängt sind. Das Problem wird dann oft an die nächste Generation gegeben und verstärkt sich. Diese Menschen fühlen sich nicht zugehörig, wenden sich ab und sind dann nicht mehr für uns erreichbar. Es fehlt an positiven Role Models. Betrachtet man die Anzahl der (jungen) Menschen mit Migrationshintergrund in den kommunalen Parlamenten und Ratsversammlungen oder im öffentlichen Dienst (insbesondere in leitender Funktion), wird das beispielhaft deutlich. Integration braucht aber Sichtbarkeit von Erfolgsgeschichten. Wir können es uns schlicht nicht leisten, auf die Kreativität und das Potenzial dieser jungen Menschen zu verzichten.
Gerade junge Menschen benötigen wir als Gesellschaft. Der demographische Wandel ist so fortgeschritten, dass wir händeringend nach Arbeitskräften suchen (das liegt in verschiedenen Faktoren begründet, die Demografie ist in jedem Fall einer der Hauptgründe). In den kommenden Jahren gehen die sogenannten „Boomer“ in Ruhestand, eine geburtenstarke Generation, die viele unbesetzte Stellen hinterlassen wird. (Aufstiegs-)Chancen für Junge sind also da, viele werden sich ihre Stelle aussuchen können. Wir, also kleinere Kommunen, werden es da besonders schwer haben, junge Menschen vom Leben (und Arbeiten) im Ort zu überzeugen.
Aufgabe der Kommunalpolitik muss also sein, vor Ort die Rahmenbedingungen für gelungene Integration zu schaffen und junge Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund konsequent zu fördern. Dazu gehören Maßnahmen hinsichtlich Wohnraum und Mobilität, Bildung und – Mut. Vertrauen wir in die Generation, die nach uns kommt und binden wir sie auch in die politischen Prozesse ein. Schließlich haben sie auch die Konsequenzen unserer heutigen Entscheidungen zu tragen.
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