Im Prinzip ja, aber…!

Die Angst vor dem eigenen Wort

„Mögen hätt‘ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“

Karl Valentin

Erinnern Sie sich noch an das Frühjahr 2019? Damals, als Menschen noch verrückte Dinge gemacht haben. Zum Beispiel sich in Gruppen getroffen haben. Hände geschüttelt haben. Sich umarmt haben. Miteinander geredet haben. Es scheint so weit weg (Spoiler: Es kommt wieder!).

So weit weg wie die Forderungen, welche die meisten Parteien und Gruppierungen in Uhldingen-Mühlhofen zur Kommunalwahl aufgestellt haben. Aufgrund derer sie dann auch gewählt wurden. Und jetzt kommen Sie nicht wieder mit „AbEr KoMmUnAlWaHlEn SiNd NuR PeRsOnEnWahLen!“. Natürlich spielt die Person eine Rolle! Aber eben auch das Programm oder die Forderungen, für welche die Personen einstehen. Die Kandidierenden geben ein Versprechen ab, sich nämlich im Falle der Wahl auch für die Umsetzung der Forderungen einzusetzen. Ich für meinen Teil nehme das ernst. 

Ortsvereinsvorsitzender kündigt Transparenz im neuen Gemeinderat an (Symbolbild)

Alle außer der CDU Fast jede Gruppierung nennt (oft sogar als erstes Ziel!) Transparenz und Bürgerbeteiligung in ihrem Wahlprogramm. Eine Gruppe sieht sich selbst als eine Art Gralshüterin der Transparenz und fordert diese ständig. Aber halt auch nur dort, wo es ihr opportun erscheint. Dazu aber in einem anderen Text bald mehr.

Wie angekündigt habe ich von Tag 1 meiner Amtszeit an das Ziel verfolgt, die Niederschriften bzw. Protokolle der öffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen allen, die sich dafür interessieren, leicht und komfortabel zugänglich zu machen. Als zweiten Baustein für mehr Transparenz sollten wir diese alberne Anonymisierung im Mitteilungsblatt bleiben lassen. Das bekommen alle wöchentlich kostenlos ins Haus und da sollte schon drinstehen, wer welche Anfrage gestellt hat. Die Bürger:innen hätten somit schon mal die Basisinformationen. Wenn es jemanden dann näher interessiert, wäre der Diskussionsverlauf zu einzelnen Tagesordnungspunkten dann in der Niederschrift nachzulesen. 

Am einfachsten geht das, indem man die Niederschriften (die ohnehin im Ratsinformationssystem verfügbar sind, sobald sie von uns Ratsmitgliedern in der darauffolgenden Sitzung anerkannt wurden), für die Öffentlichkeit aufrufbar macht und eben die Anonymisierung im Mitteilungsblatt weglässt. Die Freigabe im Internet ist technisch kein Problem, dürfte vermutlich nur ein Häkchen beim Hochladen sein. Da zudem sowieso alle außer der CDU  fast alle Gruppen vor der Wahl für mehr Transparenz waren, sollte das im Rat ja auch eine Mehrheit finden. Dachte ich.

Ortsvereinsvorsitzender, nachdem er mit der Verwaltung gesprochen hat (Symbolbild)

Ist aber wohl doch nicht so einfach, wie ich erfahren musste. Die Gemeindeordnung lässt Interpretationsspielraum (wie ich hier erläutert habe). Da aber etwa 600 von 1.111 Gemeinden in Baden-Württemberg ihre Protokolle veröffentlichen (darunter die meisten aus dem Bodenseekreis), sollte das nicht das Problem sein. Es gäbe laut Auskunft Gemeindetag aber leider noch ein Problem. Nämlich den Datenschutz. Da es sich nämlich um personenbezogene Daten handle, müssten deren Veröffentlichung alle betroffenen Personen zustimmen. Also alle Mitglieder des Rates, der Bürgermeister, die Mitarbeiter:innen der Verwaltung, die entweder selbst reden oder genannt werden, eventuelle Dritte usw.

Ja, ok. Das wäre wirklich ein Hürde. Aber machbar. Die Ratskolleg:innen sollten doch ein Interesse daran haben, dass ihre Arbeit veröffentlicht wird und möglichst viel Beachtung findet. Der Bürgermeister sowieso und die Mitarbeiter:innen in der Verwaltung machen ihre Arbeit und die machen sie gut. Warum also sollte jemand was dagegen haben?

Wir haben das im Rat andiskutiert, als es in der Sitzung vom 27. April 2021 (vgl. hierzu Südkurier vom 10. Mai 2021) um Änderungen der Geschäftsordnung ging, die selbige behutsam an die digitale Realität anzupassen. Folgendes kam während oder nach der Sitzung an Äußerungen (sinngemäß):

  • „Dagegen!“
  • „Müssen wir gar nicht drüber abstimmen! Bin ich sowieso dagegen!“
  • „Wenn jemand das lesen will, soll er ins Rathaus gehen!“
  • „Wenn jemand das lesen will, soll er einen Gemeinderat fragen! Die haben Zugriff.“
  • „Ich will nicht falsch oder verkürzt zitiert werden!“
  • „Wer weiss, was in den Soziale Medien da draus gemacht wird!“
  • „Ich bin auch dagegen!“
  • „Interessiert niemanden!“
  • „Wenn ich nicht mehr im Rat bin, kann man das immer noch lesen!“
  • „Was ich vor Jahren gesagt habe, könnte gegen mich verwendet werden!“
  • „Ich will das nicht!“
  • „Dann muss ich mich ja vielleicht rechtfertigen für das, was ich da gesagt habe!“
  • „Dann ist das viel mehr Aufwand mit der Kontrolle der Niederschriften. Da wird sich dann ständig jemand beschweren, dass etwas falsch wiedergegeben würde!“
  • „Die Ratsmitglieder werden dann viel mehr auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit achten!“
  • „Die weniger Wortgewandten kommen zu kurz!“

Scheint doch kein Selbstläufer zu werden. Am Ende liest noch jemand die Protokolle und konfrontiert mich mit meiner eigenen Meinung! Skan-da-lös!

In Gesprächen im Vorfeld mit anderen Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister (der übrigens vor der Wahl auch Transparenz versprochen hat) wurde ich prinzipiell in meinen Ansichten bestätigt. Was dann an „Argumenten“ im Rat kam, hat mich aber überrascht und offenbart an manchen Stellen ein aus meiner Sicht sehr interessantes Verhältnis zur Demokratie und ihren Institutionen. Der „Riss“ geht mitten durch die Fraktionen. Nur die SPD-Fraktion ist sich einig.

Natürlich sind wir als Ratsmitglieder Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und natürlich hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, zu erfahren, was wir da so bereden. Dieses Recht hat sie jederzeit. Nicht nur als Besucher:in während der Sitzungen oder zu den Öffnungszeiten des Rathauses. Ich kann auch die Sorge nachvollziehen, sich unversehens im Mittelpunkt eines Shitstorms wiederzufinden. Aber das gehört dazu, auch als ehrenamtlich in der Politik tätige Person und dann kommt es auf die Solidarität der Kolleg:innen und der eigenen Gruppierung an. Wir werden uns damit anfreunden müssen, dass auch ohne veröffentlichte Protokolle und Namensnennung im Mitteilungsblatt der Ton rauer werden wird (siehe Leserbriefe zur EBC). Ich für meinen Teil werde niemanden im Regen stehen lassen.

Ortsvereinsvorsitzender bleibt bei seiner Meinung (Symbolbild)

Da waren sie wieder, die „dicken Bretter“. Aber durch die kommt man nie durch, wenn man nicht mal anfängt, zu bohren. Ich hab jetzt angefangen und ich bin sicher, dass die Wähler:innen auch eine Meinung dazu haben. Also tun Sie diese kund! Kommen Sie in die Sitzungen. Schreiben Sie den Kolleg:innen einen Brief, eine Mail, eine Nachricht in den Sozialen Medien. Schicken Sie ein Fax. Was auch immer Ihr bevorzugtes Kommunikationsmittel ist. Das, liebe Leser:innen, ist nämlich ein Top-„Argument“ derjenigen, die ihre Namen nicht im Internet und auch nicht im Mitteilungsblatt sehen wollen: „Das interessiert doch niemanden!“ Aber Desinteresse ist der Tod der Demokratie!

Also unterstützen Sie meine Kolleg:innen und mich im Einsatz für mehr Transparenz! Nur so können wir was verändern. Sonst sieht es in einigen Jahrzehnten so aus, wie auf dem nächsten Bild. Und das kann nun wirklich niemand wollen.

Ortsvereinsvorsitzender im Jahr 2051 bei seiner alljährlichen Forderung, die Protokolle ungefiltert ins Netz zu stellen.

Und jetzt, Herr Ferraro?

Was bisher geschah

Als erste Maßnahme hab ich natürlich den Ausbruch der sozialistischen Revolution meine Verpflichtung ausgiebig etwa zehn Minuten lang mit einem Glas Wasser gefeiert, um dann todmüde ins Bett zu fallen. Kann sich nämlich ziehen, so ein Sitzungstermin. Ich hab mich über diese Ehre sehr gefreut, die mir zuteil geworden ist und ich empfinde auch Demut und Respekt vor der Aufgabe, die vor mir steht. Aber ich weiss auch, dass ich auf die Unterstützung vieler Menschen zählen kann und das lässt mich optimistisch in die Zukunft blicken.

Mehrere Sitzungen sind rum, viele lange Gespräche geführt und viele lange Gespräche stehen noch an. Seitdem ich am 26. Januar 2021 (19:10 Uhr ?) als Gemeinderat verpflichtet wurde, ist kaum ein Tag (abgesehen vom Wochenende) vergangen, an dem ich nicht ein mindestens einen Termin im Zusammenhang mit meinem neuen Amt wahrgenommen habe. Bitte nicht als Jammern verstehen, ganz im Gegenteil! Das macht unheimlich viel Spaß, mit so vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Pandemie erschwert das deutlich, nichtsdestotrotz habe ich spannende Einblicke bekommen und wurde vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus offen und ohne Vorbehalte empfangen. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal!

Anstand und Höflichkeit gebieten es, sich als neuer Fraktionsvorsitzender bei den anderen Fraktionen vorzustellen. Mein Angebot fanden nicht alle so verlockend. Sei’s drum, ich hab mit den meisten Fraktionen – und dort auch mit verschiedenen Rätinnen und Räten – gesprochen und war doch teilweise sehr (positiv) überrascht. In allen Gesprächen haben wir inhaltliche Gemeinsamkeiten entdeckt und ich war froh, dort überall auch dem Willen zur nachhaltigen Veränderung unserer Gemeinde zu begegnen. Ich bin gespannt, wie sich das dann im „politischen Alltag“ äußert.

Wie geht’s jetzt weiter?

Meine bisherigen Erfahrungen machen (mir) Hoffnung. Unser Bürgermeister hat wirklich was vor mit unserer Gemeinde und es freut mich außerordentlich, dass er (ebenso wie ich) ein Fan der Transparenz ist. Das Primat der Öffentlichkeit ist nicht mehr nur, wie bei seinem Vorgänger, blosses Lippenbekenntnis. Wenn ich es mir recht überlege, war es bei seinem Vorgänger nicht einmal das. Nein, Bürgermeister Männle meint es ebenso ernst wie die SPD und setzt zudem auch auf konsequente Bürgerbeteiligung. Von der AWG, selbsternannte Gralshüter der Transparenz, hab ich bisher im Übrigen noch keine dahingehenden Initiativen feststellen können. War dann wahrscheinlich auch nicht so wichtig wie die konsequente Verhinderung von Innovationen (siehe elektronischer Meldeschein und EBC) oder Bäumen im Hafengebiet (wegen der Aussicht, kommt ja sonst niemand mehr, wenn er beim Kännchen Kaffee nicht auf den See gucken kann) oder der angemessenen Würdigung und Präsentation unserer Welterbestätte. Muss man halt Prioritäten setzen.

Meine Prioritäten bei meiner Arbeit als Gemeinderat leiten sich aus unserem Wahlprogramm für die Kommunalwahl ab. Wer SPD wählt, bekommt sie auch. Dazu gehört, dass die Niederschriften der Rats- und Ausschusssitzungen (Ups, wirklich mit drei „s“! Das tut im Gegensatz zu gendergerechter Sprache wirklich weh beim Angucken!) für alle Interessierten online einsehbar sind, sobald sie vom Rat anerkannt wurden. Erste Gespräche dazu habe ich schon geführt. Ein Hinderungsgrund könnte eine Formulierung in §38 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg sein. Dort steht nämlich „Einsicht“. Das Online-Stellen eines PDF ist aber faktisch das Anfertigen einer Kopie. Das ist wohl nicht vorgesehen. Allerdings bekommen das andere Gemeinde auch ohne weiteres hin. Von daher bin ich zuverlässig, dass wir das auch können. Etwas pessimistischer wäre ich, wenn die Mitglieder des Gemeinderats dem zustimmen müssten. Das fänden vermutlich nicht alle so selbstverständlich wie ich und die weitaus meisten Bürger:innen von Uhldingen-Mühlhofen (Sehen Sie, hat überhaupt nicht weh getan! Haben Sie wahrscheinlich nicht mal bemerkt!). Ich bleibe dran und werde berichten, wenn sich da was tut.

Überhaupt gelobe ich hiermit feierlich, zukünftig wieder regelmäßig zu schreiben und Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger (jetzt mal ausgeschrieben, sonst liest die CDU nicht mehr mit) mit Hintergrundinformationen zu versorgen und meinen Senf meinen Kommentar zu aktuellen Themen abzugeben. Nah bei de Leut‘ halt!

 

 

Verkehrssicherheit statt Meinungsfreiheit

Kritik…

Wer in der letzten Woche am Mühlhofer Loch vorbeigekommen ist (also mindestens jede/r Mühlhofer/in), konnte dort für kurze Zeit ein paar sehr lustige (und sehr professionell ausgeführte) Transparente am Bauzaun hängen sehen (siehe Galerie).  Auf denen waren in Mundart ein paar Sprüche gedruckt, die ironisch auf den Zustand der Ortsmitte von Mühlhofen und wie es dazu gekommen ist, dass sie jetzt so aussieht, Bezug nehmen. Spöttisch wird die Situation auf badisch kommentiert (Bilder von privat).  

…und wie damit umgegangen wird

So weit, so lustig. Überhaupt nicht lustig fand man das offensichtlich im Rathaus. Kurz darauf wurden die Plakate von Mitarbeitern des Bauhofs entfernt. Begründet wurde das mit der „Verkehrssicherheit“ (Südkurier-Artikel hierzu). Sehr kreativ, muss man schon sagen. Die großformatige Tafel, die über das Projekt „Aach-Arkaden“ informiert hat die Verkehrssicherheit wohl nicht beeinträchtigt. Hat sich da jemand auf den Schlips getreten gefühlt? Kritik in dieser Form zu unterdrücken ist jedenfalls meistens schiefgegangen. Sehr schöner Artikel dazu ebenso im Südkurier.

Wer war’s denn eigentlich?

Die Frage würde mich auch mal brennend interessieren. Den Menschen in Mühlhofen ist das Loch seit langem schon nicht nur ein Dorn im Auge sondern ein gewaltiges Ärgernis. Auch wenn es jetzt gestaltet werden soll, bis endlich tatsächlich was passiert, bleibt es doch symptomatisch für die stiefmütterliche Behandlung unseres Ortsteils.

Leider sind die Verantwortlichen bisher noch nicht auf meine Kontaktanfrage eingegangen. Einen direkten Austausch gab es bisher noch nicht. Daher also nochmal über diesen Weg: Meldet Euch! Ich würde gerne mal mit Euch sprechen. 

Update 15.11.2019, 15 Uhr:

Das ging jetzt aber fix! Die Werbetafel für die Aach-Arkaden ist jetzt auch weg. Reicht auch mal irgendwann mit dieser ständigen Gefährdung der Verkehrssicherheit. Nach ein paar Jahren.

Hallo, ich bin zurück!

Zugegeben, das war eine ungewöhnlich lange Sommerpause. Manchmal gibt es eben auch wichtigere Sachen als die liebe Politik. Der Sommer ist aber definitiv vorbei und ab jetzt gibt es hier wieder regelmäßig neue Artikel. 

Was bisher geschah

Während ich mich anderen schönen Dingen gewidmet habe, waren manche Leute in Uhldingen-Mühlhofen ganz schön aktiv. Der scheidende Gemeinderat  hat in seiner letzten Sitzung dem neuen Gemeinderat (zu 87,5% identisch) meiner Meinung nach ein ganz ordentliches Ei ins Nest gelegt. Das Ei nennt sich Geschäftsordnung. Die gibt sich der Gemeinderat selbst. Ich hätte erwartet, dass sowas warten kann, bis der neue Rat zusammentritt, auf dass die Mitglieder sich dann selbst eine entsprechende Geschäftsordnung geben können. Aber wenn’s fast dieselben Leute sind, lässt sich das ja zwischendurch mal erledigen, gerne auch im Sinne des (ebenfalls) scheidenden Bürgermeisters, der, wenn ich das richtig interpretiere, dem scheidenden Rat auch gleich netterweise eine Beschlussvorlage bereitgestellt hat. 

Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 1

Der Rat hat jedenfalls beschlossen, dass sich die Mitglieder bitteschön maximal zweimal zu einem Tagesordnungspunkt äußern mögen und das auch in großzügigen drei Minuten je Redebeitrag.
Wenn man dann auch gleich beim Beschränken des Rederechts ist, dann aber richtig! Einwohner können in der Einwohnerfragestunde während einer Gemeinderatssitzung keine Fragen mehr zu Themen stellen, die in derselben Sitzung vom Rat diskutiert werden. Sie müssen damit bis zur nächsten Sitzung warten.  Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Einwohnerfragestunde immer zu Beginn der Sitzung ist, sodass es vorkommen kann, dass Diskussionen zu Themen, die auf der Tagesordnung stehen, schon vorgegriffen wird und es somit zu redundanten Diskussionen kommen könnte. Selbstbeschränkung ist die eine Sache. Aber das Rederecht anderer zu beschneiden ist was anderes, Honi soit qui mal y pense!
Nachzulesen ist das – nein, nicht etwa in online zugänglichen Ratsprotokollen! – ordnungsgemäß entsprechend Uhldinger Datenschutzrecht anonymisiert im Amtsblatt der Gemeinde (Ausgabe 28/2019, ab Seite 12).

Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 2

Ebenfalls nicht im sehr ansprechend neu gestalteten Ratsinformationssystem (zumindest nicht ohne Anmeldung) nachzulesen, sondern in der schon oben zitierten Ausgabe des Amtsblatts, ist eine weitere (freiwillige) Beschränkung der Rechte der Ratsmitglieder.
Jede Fraktion darf sich im Amtsblatt äußern. Und zwar wie folgt:

„Den Fraktionen des Gemeinderats ist Gelegenheit zu geben, ihre Auffassung zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen.
Der Gemeinderat regelt in einem Redaktionsstatut für das Amtsblatt das Nähere, insbesondere den angemessenen Umfang der Beiträge der Fraktionen.“

Genau dieses Statut hat der (scheidende) Gemeinderat neu gefasst. Grob gesagt dürfen die Fraktionen nichts veröffentlichen, was nicht vom Bürgermeister abgesegnet wurde. Wenn es unterschiedliche Meinungen geben sollte, wird nichts veröffentlicht. Zitat:

9. Im Übrigen entscheidet das Bürgermeisteramt über eine Aufnahme.

10. Bei evtl. Meinungsunterschieden über den Inhalt des Beitrages zwischen dem Bürgermeister und der Fraktion sollen diese einvernehmlich geregelt werden. Bis zu einer einvernehmlichen Übereinkunft wird der Beitrag nicht abgedruckt.“

Bürgermeister*in (m/w/d) will nicht, also wird’s nicht gedruckt. Frei nach Ludwig XIV.: „Le Gemeinde, c’est moi!“

In diesem Sinne freue ich mich auf viele kontroverse Stellungnahmen von Seiten der Fraktionen.

Was passiert mit der Alten Schule in Unteruhldingen?

Ruhe

Diese Frage bewegt viele Menschen in (Unter-)Uhldingen und seit der Bürgerversammlung im Dezember und der darauffolgenden Diskussion über einen Bürgerentscheid, Erbpacht und alternative Nutzungsmodelle wurde es sehr ruhig um das Thema.
Faktisch gilt der Beschluss des Gemeinderates, das Grundstück zu verkaufen, da bisher kein abweichender Beschluss gefasst wurde. Aber wird mit Interessenten verhandelt? Spielt Erbpacht (noch) eine Rolle? Ist das Grundstück möglicherweise sogar verkauft?

Offener Brief an Bürgermeister Lamm

Unser Vertreter im Gemeinderat hat vor der Gemeinderatswahl eine schriftliche Anfrage an den Bürgermeister geschickt, mit der Bitte, den aktuellen Stand bezüglich der Alten Schule zu erläutern. Auf diese Anfrage gab es keine direkte Antwort, erst auf eine mündliche Nachfrage am Rande einer (nichtöffentlichen!) Sitzung des Rates hin hat der Bürgermeister sich geäußert. Hierzu gibt es zwei Schilderungen. Unser Vertreter sagt, der Bürgermeister habe geäußert, vor der Wahl keine Auskunft geben zu wollen. Der Bürgermeister selbst sagt, „darauf hingewiesen [zu] habe[n], dass die Verhandlungen dazu vor der Wahl ruhen und erst danach weitergeführt“ würden.
Ich habe als Vorsitzender der SPD einen Offenen Brief an Herrn Bürgermeister Lamm verfasst (und diesem auch der Presse zukommen lassen). Den Brief gibt es hier zu lesen. Darin stelle ich folgende Fragen:

  • Gibt es oder gab es bereits Verhandlungen zwischen Vertretern der Gemeinde und Interessenten über einen Verkauf des Grundstücks?
  • Wurde in diesen Verhandlungen bereits Einigung erzielt?
  • Wenn ja, wann wurde diese Einigung erzielt?
  • Schließen oder schlossen diese Verhandlungen das Modell der Erbpacht mit ein?
  • Ist oder war es Ziel der Verhandlungen, einen Erbpachtvertrag zu schließen oder wird dies lediglich als Option gesehen?

Die Antwort

Erfreulich zügig hat Herr Lamm meinen Brief beantwortet. Oder vielmehr nicht beantwortet. Zumindest nicht besonders ausführlich. Die Antwort des Bürgermeisters darf ich auf Nachfrage hin nicht veröffentlichen.

Es bleibt jedenfalls spannend.

Unabhängiger Journalismus?

Als (partei-)poliitsch aktiver Mensch bin ich zugegebener Maßen gelegentlich ein bisschen übersensibel, was die Ausgewogenheit der Berichterstattung in den lokalen Medien angeht. Gerne wittert man (besonders als Sozialdemokrat in Baden-Württemberg) Bevorzugung der politischen Mitbewerber, insbesondere der CDU. Das ist natürlich rein subjektiv gefärbt und manchmal sind Themen, die ich für skandalös halte, vielleicht wirklich nicht journalistisch interessant.

Aber die heutige Überlinger Ausgabe des Südkurier reiht sich nahtlos ein in eine Reihe Erfahrungen, die wir als SPD im Umgang mit dieser Zeitung machen mussten. Einmal wird auf eine unserer Veranstaltungen erst an dem Tag hingewiesen, an dem die Veranstaltung stattfindet (und das auch nur in der Printausgabe), obwohl wir mindestens eine Woche vorher informiert hatten. Ein anderes Mal werden der Skandal um die ungültige Satzung und die Hintergründe dazu ignoriert. Dann wird diese Satzung endlich neu gefasst. Was macht der Südkurier? Mit keinem Sterbenswörtchen wird in der Berichterstattung zur Sitzung erwähnt, dass der Rat eine neue Satzung beschlossen hat, geschweige denn werden die Hintergründe dazu geliefert. 

Fast unverhüllte Wahlwerbung für den Bürgermeister

Heute aber fand diese Reihe meiner Meinung nach ihren krönenden Abschluss. Auf fast einer kompletten Seite darf der Bürgermeister die Neugestaltung der (Edgar-Lamm-Gedächtnis-)Uferanlagen in Unteruhldingen abfeiern. Da die Ufergestaltung noch nicht abgeschlossen ist, wird der Mann zufrieden dreinblickend auf der Baustelle abgelichtet. Zu bewundern ist das Ganze auch hier online. Abgesehen davon, dass kritische Fragen wie zum Beispiel die Mehrkosten des ohnehin ganz schön teuren Gesamtkunstwerkes nicht näher erörtert werden, kommt in dem Artikel ausschließlich der Bürgermeister zu Wort. 

Screenshot digitale Ausgabe Überlingen des Südkurier vom 25,5,2019

Man mag über die journalistische Qualität und den Informationsgehalt des Artikels streiten. Sicherlich wäre der Artikel auch am Montag oder in einer Woche noch für die Leserinnen und Leser interessant gewesen. Was aber entweder für amateurhafte politische Unsensibilität oder aber klare Parteinahme spricht, ist die Tatsache, dass der Bürgermeister für den Kreistag kandidiert, der morgen neu gewählt wird. Auf Platz 1 der Liste der CDU in Wahlkreis IV Meersburg. Damit der Leser die „subtile“ Botschaft auch garantiert versteht, nimmt ein Viertel der Seite die Anzeige der Bundes-CDU zur Europawahl ein. Eine mehr als unglückliche Platzierung. An Zufall mag ich da fast nicht mehr glauben.

Jetzt gibt es bestimmt den ein oder anderen, der mir zurufen möchte, ich möge mich doch nicht so aufregen und nicht rumjammern und überhaupt, mimimi! Denen möchte ich antworten: Nein, das ist eindeutig ein No-Go! Von Ausgewogenheit und Neutralität ist hier beim besten Willen nichts mehr zu sehen. Solch einen Artikel am Tag vor einer Wahl zu veröffentlichen geht gar nicht!

Meinungsmache mit System

Dass wir mit unserem Eindruck hinsichtlich der politischen Einflussnahme des Südkuriers nicht alleine sind und auch ohne parteipolitische Brille so einiges in der Berichterstattung zumindest „diskussionswürdig“ ist, beweist dieser Artikel von Frau Karin Burger eindrucksvoll (die aufmerksame Lektüre ihres Blogs „SatireSenf“ sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen. Auch wenn die SPD regelmäßig was abbekommt.) . Sie weist nach, dass sprachlich als auch inhaltlich nicht neutral, sondern ganz klar tendenziös „berichtet“ wird.

So, lieber Südkurier, trägt man auch dazu bei, dass die Menschen sich von der Politik abwenden.

Keine Neuigkeiten zur Alten Schule in Unteruhldingen – vor der Wahl

Nachdem es jetzt seit einer Zeit verdächtig still um das Grundstück Schulstraße 12 in Unteruhldingen ist, wäre es doch mal interessant zu erfahren, wie denn der aktuelle Stand ist.  Einen Bürgerentscheid gibt es erstmal nicht, im Haushaltsentwurf taucht auch kein Posten auf, der auf irgendwelche Pläne schließen lässt. Es gilt also noch immer der ursprüngliche Beschluss des GR, der die Verwaltung mit dem Verkauf beauftragt. Zumindest wurde kein anderslautenden Beschluss öffentlich bekannt. Zeit also, mal den Bürgermeister zu fragen, was Sache ist. Gibt es Verhandlungen mit Interessenten? Über einen Verkauf? Über Erbpacht? Was passiert gerade?

Auf die schriftlich an ihn gerichtete Anfrage hat der Bürgermeister nicht reagiert. Am Rande einer GR-Sitzung hat er aber dann Dr. Klaar gegenüber auf die Anfrage geantwortet. Die Antwort lautet: es gibt vor der Wahl keine Auskunft. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Ein paar Worte zur Transparenz in Uhldingen-Mühlhofen

Warum erst jetzt?

In ihrem Programm fordert die SPD in Uhldingen-Mühlhofen mehr Transparenz im Rathaus. Damit sind wir nicht alleine. Fast alle Listen, die zur Gemeinderatswahl antreten, haben sich „Transparenz“ auf die Fahnen geschrieben (nur die CDU nicht, die will lieber „konstruktive Entscheidungen zum Wohle unserer Gemeinde und ihrer Bürger treffen“).
Scheint, als hätten wir offenbar einen Nerv getroffen. Zumindest ist die AWG ganz schön erregt darüber, dass wir „kurz vor den Kommunalwahlen“ unsere eigenen „Transparenz-, Kommunikations-und Informationsdefizite gegenüber den Bürgerinnen und Bürger analysiert“ hätten (nachzulesen hier).

Haben wir nicht. Zum einen nicht „kurz vor den Kommunalwahlen“. So ein Programm schreibt man nicht an einem Tag (jedenfalls die SPD nicht) und es ist auch nicht alleine auf die Wahlen ausgerichtet (nicht umsonst sprechen wir von „Uhldingen-Mühlhofen 2030“). Bis das Programm beschlossen wurde, sind acht Monate vergangen, in denen wir immer wieder intensiv über die Inhalte diskutiert haben. Soviel zum Zeitrahmen. Natürlich veröffentlichen wir ein Programm vor den Wahlen. Die Wählerinnen und Wähler müssen wissen, wen oder was sie da wählen. Naturgemäß ist die Aufmerksamkeit näher am Wahltermin wesentlich höher als ein dreiviertel Jahr davor. Und dass Aufmerksamkeit nicht ganz unwesentlich für politische Arbeit ist, liegt in der Natur der Sache.

Warum „erst jetzt“? Der Vorwurf ist nicht korrekt. Dr. Klaar hat bei nichtöffentlichen Sitzungen immer wieder die Heimlichtuerei angeprangert. Mit zwei Ratsmitgliedern ist es allerdings sehr schwer, gegen eine Mehrheit anzukommen, welche entweder aus verschiedenen Gründen kein Interesse an der Öffentlichkeit hat oder schlicht das Problem nicht als solches ansieht. Nachweisen können wir das nicht. Warum das so ist, können Sie hier nachlesen. Keine Protokolle online, keine Öffentlichkeit. So einfach ist das.

Was wir für die Zukunft fordern

Auch wenn die besorgten Bürgerinnen und Bürger von der AWG es für einen „mutigen Vorschlag“ halten, ist das, was wir in unserem Programm fordern, schlicht eine Selbstverständlichkeit. Nachfolgend ein längeres Zitat aus unserem Programm.

Verwaltung und Bürgermeister beherrschen das politische Geschehen in Uhldingen-Mühlhofen. Wir hingegen verstehen den Gemeinderat als das entscheidende Gremium für die Entwicklung der Gemeinde.
Die SPD in Uhldingen-Mühlhofen möchte grundsätzlich öffentlich über die
zentralen Fragen diskutieren, die uns als Bürgerinnen und Bürger bewegen. Wir wollen, dass alle die Chance haben, sich ein Bild von den unterschiedlichen Ideen für unsere Gemeinde zu machen und ihre Meinungen in den Entscheidungsprozess einbringen können. Deshalb haben wir die Debatte um das „Alte Schulhaus“ in Unteruhldingen geführt.
Hierzu gehört auch, die Stellungnahmen der Verwaltung kritisch zu prüfen und Fachleute zu den jeweiligen Themen zu befragen, um eine Sicht von Außerhalb zu bekommen. Wir unterstützen das Einbringen von Anträgen aus der Bürgerschaft.
Zur Schaffung von mehr Transparenz bei wichtigen Entscheidungen werden wir direkt nach der Konstituierung des neuen Gemeinderates beantragen, ab sofort die Sachvorträge und die Protokolle von Rats- und Ausschusssitzungen auf der Website der Gemeinde zu veröffentlichen. Wir verlangen in den Beratungen des Gemeinderates mindestens so viel Öffentlichkeit, wie die Gemeindeordnung vorsieht. Nichtöffentliche Vorberatungen kontroverser Themen lehnen wir ab

Programm der SPD Uhldingen-Mühlhofen

SPD Uhldingen-Mühlhofen besteht auf Neuerlass der Satzung gegen Rolladenburgen

Ein paar Worte zur Erklärung

Der nachfolgende Text ist eine Presseerklärung, die wir an den Südkurier geschickt haben. Wir haben uns entschlossen, diesen Text hier auf dem Blog zu veröffentlichen, da der Südkurier sich nach mehreren Wochen des Kontakts dazu entschieden hat, das Thema vor den Wahlen nicht mehr aufgreifen zu wollen

Der Inhalt ist das Ergebnis einer Recherche, die etwa ein Dreiviertel Jahr gedauert hat. Sie beinhaltete Anfragen beim Bauamt, beim Landrat, beim Bürgermeister. Wir haben Einsicht in Gemeinderatsprotokolle genommen. Dabei sind wir auf Widerstände von verschiedener Seite gestossen, ein prominenter Vertreter einer anderen Partei hat uns gedroht, im Falle einer Veröffentlichung eine Kampagne gegen uns zu führen.

Mittlerweile steht eine Neuauflage der Satzung auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung am 21.5. (vermutlich die letzte vor der Wahl). Nachzulesen ist das hier. Offenbar soll das Thema jetzt doch noch schnell vom Tisch. Allerdings ist die Sitzungsvorlage inhaltlich nicht korrekt. So hat der GR 2018 eben nicht beschlossen, die Satzung zu novellieren, sondern wollte bewusst riskieren, dass gegen die Satzung geklagt wird. Novelliert werden kann auch nicht eine Fassung von 2017. Die Satzung ist faktisch seit 2005 ungültig.
Korrektur vom 20.5.2019:  Da es für die ursprüngliche Formulierung nur Belege in Form einer mündlichen Darstellung einer beteiligten Person gibt, habe ich mich entschieden, diesen Absatz neu zu fassen. Die folgende Darstellung lässt sich aus öffentlich zugänglichen Dokumenten belegen.

Am 12.12. 2017 hat sich die Verwaltung in nichtöffentlicher Sitzung beauftragen lassen, die (damals bereits ungültige) Satzung neu zu fassen. Am 6.2. 2018 hat der GR aber nicht beschlossen, die Satzung zu novellieren. Novelliert werden kann die Fassung von 2017 nicht.

Text der Pressemitteilung

„Die Gemeinde muss die städtebauliche Entwicklung in Unteruhldingen wenigstens zu einem Mindestmaß politisch steuern.“
Dies verlangt der Kandidat der SPD für den Gemeinderat Domenico Ferraro. Die Gemeinde hatte im Jahre 1990 eine Satzung erlassen, die die Entstehung von Eigentumswohnungen im Ortsteil Unteruhldingen unter Genehmigungsvorbehalt stellte. Damit sollte verhindert werden, dass eben diese Eigentumswohnungen als wenig genutzte Rolladenburgen das Ortsbild und die Funktion als Fremdenverkehrsgebiet beeinträchtigen. Diese Satzung ist jedoch, so ergab eine rechtliche Prüfung, seit Juli 2005 außer Kraft. Seinerzeit hätte die Satzung mit einem geringfügigen Veraltungsakt an die Erfordernisse einer EU Richtlinie aus dem Jahre 2001 angepasst werden müssen. Dies ist bis zum Stichtag 30. Juni 2005 entweder aus Nachlässigkeit oder absichtlich nicht erfolgt. Ohne diese Anpassung verlor so die Satzung am 1. Juli 2005 ihre Gültigkeit. Die „Satzung nach § 22 BauGB“ ist übrigens nach wie vor als gültiges Ortsrecht auf der Homepage der Gemeinde zu finden.

Gemeinderat wurde informiert

Die Verwaltung hat in einer nichtöffentlichen Sitzung Anfang des Jahres 2018 den Gemeinderat über das Problem informiert, der Gemeinderat sah jedoch keine Veranlassung, hier Abhilfe zu schaffen, z.B. indem er die Satzung richtlinienkonform neu beschlossen hätte.
Bisher drang von dem Vorgang nichts in die Öffentlichkeit, bis Ende 2018 ein besonders exklusives Bauvorhaben in der Unteruhldinger Bergstraße bei einschlägigen Immobilien-Maklern in Eigentumswohnungen aufgeteilt angeboten wurde und dies zu Nachfragen bei der Verwaltung und beim Landratsamt führte.

SPD fordert neue Satzung

Die Uhldinger SPD erachtet es als dringend erforderlich, umgehend eine neue Satzung nach §22 Baugesetzbuch zu erlassen, um die städtebauliche Entwicklung in Unteruhldingen nicht vollständig aus dem Griff zu verlieren. Der Gemeinderat muss sich nach Ansicht der Sozialdemokraten außerdem überlegen, wie er künftig mit solchen Fehlleistungen der Verwaltung umgeht.

„Eine demokratisch verfasste Gemeinde braucht unbedingt die Trennung von Legislative (Gemeinderat) und Exekutive (Verwaltung) und mit Sicherheit haben Fragen des Ortsrechtes in öffentlichen Sitzungen behandelt zu werden,“
so die SPD-Gemeinderatskandidatin Kerstin Riedmüller. 

Vertrauen in den Rechtsstaat geht verloren

Ganz grundsätzlich geht es derzeit um das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat. Der Verlust dieses Vertrauens geht einher mit dem Erstarken von Gruppen, die weder mit der Demokratie noch mit einer sachlichen Auseinandersetzung über kontroverse Themen etwas anfangen können. Abstruseste Verschwörungstheorien kommen in Mode, je intransparenter Legislative und Exekutive agieren. Wenn dann noch offenbar wird, dass im Hintergrund starke Lobby-Gruppen die Gesetzgebung beeinflussen, wenden sich die Menschen ab und mutieren zum Wutbürger.

In Uhldingen-Mühlhofen haben in der letzten Zeit die Themen EBC, Alte Schule Unteruhldingen und jetzt die „Satzung gegen Rolladenburgen“ das öffentliche Vertrauen in Rat und Verwaltung erschüttert. Eine weitere, nunmehr siebte Liste von Leuten, die es denen da oben nun wirklich mal zeigen wollen, ist die Folge.

Die Uhldinger SPD jedenfalls bleibt bei ihrer Linie: Wir prüfen zunächst einen Vorgang sachlich und rechtlich, um ihn dann politisch bewerten zu können. Dann erst, aber dafür fundiert, stellen wir unsere Forderungen auf, so wie wir das bei der Alten Schule getan haben, indem wir uns für eine Vergabe der Immobilie in Erbpacht ausgesprochen haben. Für die Gemarkung Unteruhldingen fordern wir zur Steuerung der Ortsentwicklung den sofortigen Neuerlass der Satzung nach § 22 BauGB.

Kafka in Mühlhofen oder: Hat Uhldingen-Mühlhofen ein eigenes Datenschutzrecht?

Eine interessierte Bürgerin besucht die Sitzung des Gemeinderates. Während der Sitzung wird, auf Anregung eines Mitglieds hin, ein Beschluss gefasst. Nämlich den Grundstückspreis 10€ pro Quadratmeter anzuheben, um mit den Mehreinnahmen eine Straßensanierung zu finanzieren.
Fünf Jahre später will davon niemand mehr etwas wissen, obwohl damals Anwesende sogar noch sagen können, von welchem Ratsmitglied der Vorschlag kam. Nachdem die Sanierung der Ottenbohlstraße nicht mehr im Gemeindehaushalt auftaucht, habe ich Dr. Klaar als Gemeinderat gebeten, doch mal in den Ratsprotokollen nachzuschauen.

Der lange Weg zur Protokolleinsicht

Das ist für ihn wesentlich einfacher als für mich. „Normale“ Bürger müssen ins Rathaus und Einsicht in die Protokolle beantragen. Dann dürfen sie sich die gewünschten Protokolle anschauen. Kopien machen ist nicht vorgesehen.
Der Inhalt der Protokolle enttäuscht dann. Darin werden nur Ergebnisse festgehalten. Wer im Rat oder im Ausschuss welche Position vertreten oder welchen Wortbeitrag gebracht hat, ist nicht enthalten. Ebenso wird das Abstimmungsergebnis rein quantitativ wiedergegeben. X haben dafür, Y haben dagegen gestimmt und Z haben sich enthalten. Keine Chance, herauszufinden, wer wie gestimmt hat.
Diese Einsicht ist nur möglich, wenn die jeweilige Sitzung öffentlich war. Ansonsten: Gehen Sie weiter, hier gibt es (für Sie) nichts zu sehen!

Dr. Klaar hat jedenfalls die infrage kommenden Protokolle besorgt. Keine Hinweise auf das, was tatsächlich in der Sitzung besprochen wurde. Seine Nachfrage bei der Verwaltung stösst auf Verwunderung. Solch eine Belastung der Grundstückskäufer wäre rechtlich gar nicht möglich und an eine solchen Beschluss will sich auch niemand erinnern. Wenig überraschend! Mit Wortprotokollen wäre das nicht passiert.

Uhldingen-Mühlhofen hat sein eigenes Datenschutzrecht

Jetzt stellt sich die Frage, weshalb gibt es keine Wortprotokolle und weshalb sind die nicht online. Viele Gemeinden stellen die Protokolle online, scheint also möglich zu sein. Beispiele finden sich hier oder hier. Alternativ zur Veröffentlichung online wäre es doch auch eine Idee, das Ganze im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Geht aber in Uhldingen-Mühlhofen nicht. Entsprechende Vorstösse werden von den zuständigen Stellen immer wieder abgelehnt. Als Begründung wird der Datenschutz vorgeschoben. Interessant, dass das Abstimmungsverhalten und die Argumentation der Ratsmitglieder in öffentlichen Sitzungen dem Datenschutz unterliegen soll. In anderen Gemeinden tut es das jedenfalls nicht.

Veröffentlichen allein hilft nicht

Die Veröffentlichung der Inhalte der öffentlichen Sitzungen wäre ein erster Schritt hin zu mehr Transparenz im Rat. Dass das ein Thema ist, haben mittlerweile sogar die Freien Wähler (als eine der momentan und seit längerer Zeit größten Fraktionen im Rat) in Uhldingen-Mühlhofen entdeckt. 
Das Problem dabei ist, dass Entscheidungen in unserer Gemeinde gerne in nichtöffentlichen Sitzungen so lange „vorbereitet“ werden, bis ein Ergebnis vorliegt. Dieser Austausch von Meinungen und Argumenten bleibt dann auch bei einer Veröffentlichung der Protokolle öffentlicher Sitzungen für die Bürgerinnen und Bürger unzugänglich. Dabei sieht die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg eindeutig vor, dass grundsätzlich öffentlich zu tagen ist. Abweichungen davon sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Davon gibt es in Uhldingen-Mühlhofen anscheinend reichlich viele.