Zugegeben, das war eine ungewöhnlich lange Sommerpause. Manchmal gibt es eben auch wichtigere Sachen als die liebe Politik. Der Sommer ist aber definitiv vorbei und ab jetzt gibt es hier wieder regelmäßig neue Artikel.
Was bisher geschah
Während ich mich anderen schönen Dingen gewidmet habe, waren manche Leute in Uhldingen-Mühlhofen ganz schön aktiv. Der scheidende Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung dem neuen Gemeinderat (zu 87,5% identisch) meiner Meinung nach ein ganz ordentliches Ei ins Nest gelegt. Das Ei nennt sich Geschäftsordnung. Die gibt sich der Gemeinderat selbst. Ich hätte erwartet, dass sowas warten kann, bis der neue Rat zusammentritt, auf dass die Mitglieder sich dann selbst eine entsprechende Geschäftsordnung geben können. Aber wenn’s fast dieselben Leute sind, lässt sich das ja zwischendurch mal erledigen, gerne auch im Sinne des (ebenfalls) scheidenden Bürgermeisters, der, wenn ich das richtig interpretiere, dem scheidenden Rat auch gleich netterweise eine Beschlussvorlage bereitgestellt hat.
Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 1
Der Rat hat jedenfalls beschlossen, dass sich die Mitglieder bitteschön maximal zweimal zu einem Tagesordnungspunkt äußern mögen und das auch in großzügigen drei Minuten je Redebeitrag.
Wenn man dann auch gleich beim Beschränken des Rederechts ist, dann aber richtig! Einwohner können in der Einwohnerfragestunde während einer Gemeinderatssitzung keine Fragen mehr zu Themen stellen, die in derselben Sitzung vom Rat diskutiert werden. Sie müssen damit bis zur nächsten Sitzung warten. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Einwohnerfragestunde immer zu Beginn der Sitzung ist, sodass es vorkommen kann, dass Diskussionen zu Themen, die auf der Tagesordnung stehen, schon vorgegriffen wird und es somit zu redundanten Diskussionen kommen könnte. Selbstbeschränkung ist die eine Sache. Aber das Rederecht anderer zu beschneiden ist was anderes, Honi soit qui mal y pense!
Nachzulesen ist das – nein, nicht etwa in online zugänglichen Ratsprotokollen! – ordnungsgemäß entsprechend Uhldinger Datenschutzrecht anonymisiert im Amtsblatt der Gemeinde (Ausgabe 28/2019, ab Seite 12).
Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 2
Ebenfalls nicht im sehr ansprechend neu gestalteten Ratsinformationssystem (zumindest nicht ohne Anmeldung) nachzulesen, sondern in der schon oben zitierten Ausgabe des Amtsblatts, ist eine weitere (freiwillige) Beschränkung der Rechte der Ratsmitglieder.
Jede Fraktion darf sich im Amtsblatt äußern. Und zwar wie folgt:
„Den Fraktionen des Gemeinderats ist Gelegenheit zu geben, ihre Auffassung zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen.
Der Gemeinderat regelt in einem Redaktionsstatut für das Amtsblatt das Nähere, insbesondere den angemessenen Umfang der Beiträge der Fraktionen.“
Genau dieses Statut hat der (scheidende) Gemeinderat neu gefasst. Grob gesagt dürfen die Fraktionen nichts veröffentlichen, was nicht vom Bürgermeister abgesegnet wurde. Wenn es unterschiedliche Meinungen geben sollte, wird nichts veröffentlicht. Zitat:
„9. Im Übrigen entscheidet das Bürgermeisteramt über eine Aufnahme.
10. Bei evtl. Meinungsunterschieden über den Inhalt des Beitrages zwischen dem Bürgermeister und der Fraktion sollen diese einvernehmlich geregelt werden. Bis zu einer einvernehmlichen Übereinkunft wird der Beitrag nicht abgedruckt.“
Bürgermeister*in (m/w/d) will nicht, also wird’s nicht gedruckt. Frei nach Ludwig XIV.: „Le Gemeinde, c’est moi!“
In diesem Sinne freue ich mich auf viele kontroverse Stellungnahmen von Seiten der Fraktionen.