Quo vadis, Uhldingen-Mühlhofen?
Ja, gute Frage! Wo soll’s denn hingehen mit unserer Gemeinde? Der Gemeinderat hat sich zusammen mit der Verwaltung und deren Chef diese Frage gestellt und arbeitet daran, Antworten auf diese nur scheinbar simple Frage zu geben. So einfach ist das nämlich nicht. Schon die Tatsache, dass wir es – noch immer – faktisch mit drei Gemeinden zu tun haben, von deren jeweiliger Besonderheit und Einzigartigkeit ein großer lauter Anteil der ansäßigen Bevölkerung fest überzeugt scheint, macht die Beantwortung der Frage schon mal deutlich schwerer. Bei der Gründung vor bald fünfzig Jahren wurde (so wird es mir immer wieder erzählt) für jeden Teilort eine Funktion festgelegt. Unteruhldingen dem Tourismus gewidmet, Oberuhldingen als Versorgungszentrum und Mühlhofen für den Rest als Gewerbestandort. Wenn wir daran festhalten wollen (wobei ein Überdenken dieser Aufteilung nach 50 Jahren sicherlich nicht übereilt wäre), müssen wir die Eingangsfrage mindestens dreimal beantworten.
Mag ich aber nicht. Zwar wohne ich in Mühlhofen und es soll sogar einige Mühlhofer Bürger:innen geben, die sich darüber gefreut haben, dass jetzt ein Mühlhof(en)er mehr im Rat sitzt und das für Mühlhofen von Vorteil sein könnte. Das ist sicherlich so, weil „unsere“ Themen manchmal nicht die Beachtung bekommen, die sie verdienen und es sicher nicht schadet, wenn ein „Betroffener“ mehr im Rat sitzt und sich zu Wort meldet. Trotzdem ist mein Anspruch, das Wohl der gesamten Gemeinde im Blick zu haben und dazu gehört auch eine Vision (Bitte verzeih mir, Helmut!) für die gesamte Gemeinde. Die muss sich dann natürlich in verschiedene Pläne für die Teilgemeinden unterteilen.
Was mich überaus freut (und was ich hier ja auch schon gefordert habe) ist, dass solch ein Gesamtkonzept für unsere Gemeinde entwickelt wird und besonders freue ich mich, mitarbeiten zu dürfen. Den Anfang sollen die Baulandpolitischen Grundsätze bilden.
Dann lasst uns anfangen!
Haben wir tatsächlich! In einer der vergangenen Sitzungen waren die Fraktionen aufgerufen, ihre Gedanken zu den Baulandpolitischen Grundsätzen vorzustellen. Voraus gab’s eine Präsentation dessen, was bereits vorab in der Verwaltung und im Rat diskutiert. Zugegeben, das war schon mal eine gute Basis und geht sogar in die Richtung dessen, was wir als SPD schon 2019 gefordert haben.
Im Vorfeld haben wir diese Forderungen aktualisiert und ergänzt. Im Rat habe ich dann die Linien skizziert, die ausführliche Auflistung habe ich schriftlich zu Protokoll gegeben. Unsere Vorstellungen im Detail:
- Eine rechtssichere Satzung nach §22 BauG Bfür UU.
- Eine Zweckentfremdungssatzung für OU und MÜ.
- Die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer auf mindestens 30%.
- Eine Ausgewogene Sozialstruktur fördern, zentrale Bedingung:
Menschen, die hier arbeiten, müssen auch hier leben können! - Sozialquote / Preisbindung, mindestens 30% der Wohnfläche unter dem marktüblichen Preis.
- Ausweisung weiterer Baugebiete, aber die Planung der Ausweisung von Baugebieten sowie deren Bebauungspläne muss sich an langfristigen Entwicklungsachsen orientieren.
- Einfamilienhäuser nur noch im Randbereichen der Entwicklungsachsen planen. um den Flächenfraß zu stoppen. EFH sind sicherlich kein Mittel, um der Wohnraumknappheit mit günstigen Wohnungen zu begegnen.
- Bei der Planung von größeren Gebieten Platz für Versorgung des täglichen Bedarfs festlegen.
- Keine reinen Wohngebiete mehr planen, sondern Mischgebiete planen (Dienstleistung, Handwerk, Verkauf). Dörflicher Charakter bedeutet vor allem kurze Wege, eine gemischte Sozialstruktur, tägliche Besorgungen sind fussläufig und nicht kleine Häuschen mit Garten aussen rum.
- Die Lücken im (Fuß- und Rad-)Wegenetz konsequent schliessen.
- Eine bedarfsorientierte Verkehrsanbindung der Baugebiete mitplanen und fördern (ÖPNV, Fahrradwege, Fusswege).
- Konsequente Nachverdichtung:
Ob wir wollen oder nicht, wir werden in Zukunft höher und dichter bauen müssen. Dazu gehört auch, dass wir im Innenbereich höhere Bauten und Aufstockungen erlauben. - Führen eines Freiflächenkatasters.
- Den ökologischen und nachhaltigen Geschosswohnungsbau fördern, um günstigen Wohnraum zu schaffen.
- Einen Anteil von regenerativer Energie für die Versorgung von (Neu-)Bauten festlegen (KfW 55 oder besser, Klimaneutralität als Ziel), dabei ist zulässig, neueste Bautechniken und Infrastruktur zu verwenden.
- Zukünftige Erschliessung zwingend mit Glasfaser sowie mit zusätzlichen Leerrohren, Abwasser- und Oberflächenwasser trennen.
- Neue, innovative Wohnformen fördern, um dem Bedarf der sich ändernden Gesellschaft gerecht zu werden (Mehrgenerationen, Singlehaushalte etc.).
- Mühlhofen könnte innovatives „Musterdorf“ werden, eine zukunftsgerichtete Modellsiedlung um den Teilort aus seinem Dornröschenschlaf zu holen.
- Experimentierfläche für Tiny Houses (?) auf Zeit? (Grundfläche) vermieten/verpachten.
- Modelle wie Erbpacht vorrangig verfolgen, um zukünftigen Generationen wieder Handlungsspielraum zu geben.
- Konsequenter Gebrauch des Vorkaufsrechts der Gemeinde.
Was sagen die anderen?
Als ich die Sitzung vorbereitet habe, habe ich mir überlegt, wie wohl die Reaktionen der anderen Ratsfraktionen auf diese revolutionären vernünftigen Forderungen sein würden. Würde mich das Schicksal Toni Hofreiters ereilen? Würde die CDU über mich herfallen? Mir grünen Sozialismus ankreiden? Die Presse über ein „Verbot von Einfamilienhäusern“ fabulieren? Ich war wirklich auf alles vorbereitet.
Und was kam? Nix! Hauptsächlich Zustimmung, ein bisschen liberales Aufbäumen gegen „Zwänge“, das war’s! Ansonsten allerorten Kopfnicken. Auch als die Lokalpresse berichtet hat, gähnende Leere in meinem E-Mail-Postfach. Dann kann’s ja losgehen!