NIMBY oder: Die Liebe zu den schlittenfahrenden Kindern

Viele Wege führen weg aus Mühlhofen

Wer bisher zu Fuß von Mühlhofen nach Oberuhldingen (oder umgekehrt, soll es ja auch geben) will, weil er beispielsweise zum Bahnhof möchte oder weil es nach 20 Uhr nur sehr umständlich möglich ist, mit dem ÖPNV nach Mühlhofen zu kommen, hat dafür drei Alternativen (der Autor hat sie alle drei zu verschieden Jahres- und Tageszeiten getestet):

  • Entweder an der L201 entlang, was weder tagsüber noch in der Nacht ein Vergnügen ist und, je nach Startpunkt in Mühlhofen, ein ganz schöner Umweg sein kann.
  • Oder aber am Ende der Weitfeldstraße am Wertstoffhof vorbei entlang der Kreisstrasse, was tagsüber zumindest im ersten Abschnitt ohne Gehweg ganz schön Nervenstärke verlangt, da hier von vorbeifahrenden Autofahrern gern mal knapp an den Fußgängern „vorbeigeheizt“ wird. Nachts ist der unbeleuchteten Weg ohnehin niemandem zuzumuten. Ganz abgesehen davon, dass wir hier von einem wirklich großen Umweg sprechen.
  • Als dritte Möglichkeit gibt es, gutes Schuhwerk, geländegängigen Kinderwagen oder entsprechend robustes Fahrrad vorausgesetzt, einen Feldweg als Verlängerung der Ottenbohlstraße bis zur Riedstraße. Der ist bei trockenem Wetter und Tageslicht als Alternative ganz brauchbar, aber eben nur, wenn das Schuhwerk oder das Beförderungsmittel passend gewählt ist. Teilweise hat der Regen Gräben ausgewaschen, auf dem Weg liegen sehr grobe Kiesel. Beides fordert eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Gehen, will man keine Verletzung riskieren. Nachts geht es nur mit Vollmond bei klarem Himmel oder mit Taschenlampe. Bei Regenwetter ist der Weg teilweise unpassierbar, in jedem Fall aber eine Herausforderung.

Die folgenden Bilder zeigen den Weg, wenn er einen guten Tag hat:

Der Start in Mühlhofen am Ende des Lindenwegs

Auswaschungen und Gräben

Grobes Material auf dem Weg

Für die vielen Menschen, die in Mühlhofen nördlich der Bahn wohnen, ist der Weg die kürzeste Möglichkeit, nach Oberuhldingen zu gelangen. Sei es, um dort in die Bahn zu steigen, einen der zu bestimmten Zeiten seltenen Busse zu erwischen oder einfach nur einzukaufen (wozu es in Mühlhofen keine Möglichkeit gibt), sowohl zu Fuß als auch mit dem Fahrrad. Grob geschätzt etwa einhundert Personen nutzen den Weg täglich.

Der lange Weg zum kurzen Weg

Ein Asphaltieren des Weges würde für viele Menschen in Mühlhofen und Oberuhldingen eine Verbesserung des Alltags bedeuten. Der Weg wäre bei schlechtem Wetter besser nutzbar. Für Fahrradfahrer (und kleine Rollerfahrer) würde die Sturzgefahr deutlich gesenkt. Um Autoverkehr zu verhindern, könnte ein Poller aufgestellt werden. Der betroffene Landwirt und die Gartenbesitzer entlang des Weges würden hierfür einen Schlüssel bekommen. Wer könnte da etwas dagegen haben?

Die ernüchternde Antwort: so einige Leute!
Dr. Wolfram Klaar hat sich des Themas angenommen und einen Antrag in den Gemeinderat eingebracht. Ein Gespräch mit Ortsbaumeister Zieger ließ hoffen, war er dem Vorhaben gegenüber doch sehr aufgeschlossen. Im Vorfeld wurde Dr. Klaar von Seiten seiner Kolleginnen und Kollegen im Rat mit teilweise sehr emotional vorgetragener Kritik konfrontiert und durfte sich mit schwer nachzuvollziehenden Argumenten auseinandersetzen:

  • Eine Gemeinderätin entdeckte ihr Herz für die schlittenfahrenden Kinder von Mühlhofen, die, wäre der Weg asphaltiert und demzufolge im Winter zu räumen, „ja dort nicht mehr Schlitten fahren könnten“. Das wäre natürlich ein herber Schlag für die heranwachsenden Mühlhoferinnen und Mühlhofer.
  • Einer anderen Person im Rat waren die Kosten von 133.000 Euro, die Ortsbaumeister Zieger veranschlagt hat, „für die paar Leute“ zu viel Geld. Die sollten bitteschön an der L201 entlang laufen. Da würde demnächst auch die Geschwindigkeit der Autos und LKWs reduziert (aber die Anzahl genauso wenig wie die Abgase). Der Blick auf einen Gemeindeplan würde die Person ihre Argumentation vielleicht überdenken lassen.
  • Die dritte Person aus dem Rat wollte schlicht nicht, dass so viele Radfahrer und Fußgänger über diesen Weg ins Ried kommen. Wege schön und gut, aber bitte NIMBY (not in my backyard)! Diese Sichtweise ist jetzt auch nicht wirklich im Interesse der Allgemeinheit.

Dr. Klaar ließ sich nicht beirren und hat den Antrag in den Rat eingebracht. Herausgekommen ist, wie so oft, ein Kompromiss. Ob ein guter oder schlechter, das soll jeder selbst entscheiden.

Verbindungsweg soll „hochwertig instandgesetzt“ werden

Der Gemeinderat hat jedenfalls mehrheitlich gegen die Asphaltierung gestimmt. Stattdessen soll der Weg für 20.000 Euro „hochwertig instandgesetzt“ werden. Wie das genau aussieht bekommen wir aber nicht vor 2020/21 zu sehen. Vorher sind nämlich „umfangreiche Planungen, Verhandlungen und Genehmigungen“ notwendig. Dauert also länger, einen Weg zu planen, als Baugebiete auszuweisen

Ergänzung: Südkurier berichtet

In einem Artikel berichtet der Südkurier über die Gemeinderatssitzung und den Beschluss, den Weg instandzusetzten.  Als weitere Begründung ,weshalb der Weg nicht asphaltiert werden soll, bringt der Bürgermeister, das Argument, dass der Weg nicht mit einem Poller abgesperrt werden könne. Ansonsten wäre er für die Landwirtschaft nicht mehr befahrbar. Bituminös beschichtet würde er dann als Schleichweg genutzt. Was er jetzt, ohne Poller, aber ohnehin schon wird. Wenn Sie es nicht glauben, fragen Sie die direkten Anwohner, die können ein Lied davon singen.

Auf einmal geht es schnell

Der Gemeinderat hat beschlossen, zwei „kleine Baugebiete“ auszuweisen. Einen kurzen Artikel hierzu gibt es im Südkurier. Schon spannend, dass solche Dinge kurz vor der Wahl auf einmal schnell gehen. Wo es den Paragrafen im Baugesetzbuch doch schon „seit rund einem Jahr“ gibt. Offensichtlich haben einige Leute das SPD-Programm gelesen und sich ein paar Anregungen geholt. Ich schlage vor, sie setzten als nächstes das mit der Transparenz um.

Interessant auch die Anmerkungen der zitierten Ratsmitglieder. Schön, dass das Thema Infrastruktur für neue Wohngebiete auch mal mitgedacht wird. Wo jetzt aber genau der „dörfliche Charakter“ Mühlhofen liegt, hat sich mir allerdings nicht erschlossen. Ich frag mal meine alteingesessenen Nachbarn, vielleicht können die mir das erklären. Und was heisst eigentlich, dass die derzeitige Entwicklung „mal bald gestoppt“ werden müsse? Jetzt ist mal gut mit neuem Wohnraum? Freut all diejenigen bestimmt besonders, die schon ewig eine passende Wohnung suchen,

Der neue Gemeindehaushalt – was passiert mit der Ottenbohlstraße?

Gut Ding will Weile haben!

Vor einigen Tagen hat der Bürgermeister den Entwurf für den Gemeindehaushalt 2019 vorgelegt. Sie haben richtig gelesen: 2019. Auch wenn der Haushalt dieses Jahr erstmals nach dem Prinzip der doppelten Buchführung erstellt wird, was ein gewisse Verzögerung entschuldigen mag, ist doch schon ein Drittel des Jahres vergangen. Aber das hat in der Haushaltsplanung schon eine gewisse Tradition. 2018 gab es Ende April einen Haushalt für das laufende Jahr, 2017 erst Ende Mai.

Sanierung der Ottenbohlstraße

Als 2015 das neue Baugebiet „Ottenbohl II“ ausgewiesen wurde, haben die  Häuslebauer dort einen Aufpreis von 10 € je Quadratmeter mehr bezahlt, um damit die Sanierung der Ottenbohlstraße, Hauptzufahrt zum neuen Wohngebiet sowie zu den angrenzenden älteren Gebieten südlich der Weitfelstraße, mitzufinanzieren. 2017 waren noch 233.000 € in der Haushaltsplanung dafür vorgesehen, 2018 taucht der Posten mit 245.000 € als „Ausbau Ottenbohlstraße“ in der Planung auf. 
Jetzt also der Haushaltsplan für 2019. Darin findet sich für die Ottenbohlstraße in den öffentlich zugänglichen Dokumenten kein einziger  Cent mehr. Was verständlich wäre, wenn die Planung denn umgesetzt worden wäre. Ist sie aber nicht. Die Strasse ist in dem selben miesen Zustand, in dem sie schon war, als die ersten Grundstückseigentümer mit dem Hausbau begonnen hatten und offensichtlich wird das (zumindest 2019) wohl so bleiben.

Die „Identitäre Bewegung“ in Mühlhofen

Auch in (Uhldingen-)Mühlhofen gibt es also jung-dynamische Ewiggestrige, die im Schutz der Nacht heldenhaft ihren „Widerstand“ praktizieren. Die Kleber sind mir schon vor einer Weile aufgefallen, mittlerweile hat jemand versucht, einige davon zu entfernen. Andere sind bereits ausgebleicht.

Wer also meint, Rassismus und Rechtsextremismus fänden woanders, aber doch nicht in unserem beschaulichen Örtchen statt, hat sich geirrt.

Willkommen auf um-gestalten.de!

Dieser Blog ist (politischen) Themen in und um Uhldingen-Mühlhofen gewidmet. Er soll das Geschehen in der Gemeinde und im Rathaus kritisch begleiten und kommentieren. Außer mir sollen auch weitere Kandidierende und Gäste auf dieser Plattform Beiträge veröffentlichen und so zur Diskussion beitragen.

Ein paar Worte über mich:
Mein Name ist Domenico Ferraro, seit 2016 lebe ich mit meiner Familie in (Uhldingen-)Mühlhofen und bin Vater zweier kleiner Kinder. Mein Interesse an Politik begann etwa 1989, seit 1994 bin ich für die Sozialdemokratie aktiv, ab 1998 als Mitglied der SPD. Nach einer längeren Pause, in der ich zwar nie das Interesse, aber ein bisschen die Lust am Mitmischen verloren hatte, bin ich seit meinem Umzug nach Uhldingen-Mühlhofen wieder aktiv in der SPD. Anfang April 2019 hat mich der Ortsverein zum Vorsitzenden gewählt. Seit Herbst 2019 bin ich Mitglied des SPD-Kreisvorstandes im Bodenseekreis.

2019 kandidierte ich am 26. Mai auf der Liste der SPD für ein Mandat im Gemeinderat.

Viel Spass beim Lesen und Kommentieren!

Ihr
Domenico Ferraro