Im Prinzip ja, aber…!

Die Angst vor dem eigenen Wort

„Mögen hätt‘ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“

Karl Valentin

Erinnern Sie sich noch an das Frühjahr 2019? Damals, als Menschen noch verrückte Dinge gemacht haben. Zum Beispiel sich in Gruppen getroffen haben. Hände geschüttelt haben. Sich umarmt haben. Miteinander geredet haben. Es scheint so weit weg (Spoiler: Es kommt wieder!).

So weit weg wie die Forderungen, welche die meisten Parteien und Gruppierungen in Uhldingen-Mühlhofen zur Kommunalwahl aufgestellt haben. Aufgrund derer sie dann auch gewählt wurden. Und jetzt kommen Sie nicht wieder mit „AbEr KoMmUnAlWaHlEn SiNd NuR PeRsOnEnWahLen!“. Natürlich spielt die Person eine Rolle! Aber eben auch das Programm oder die Forderungen, für welche die Personen einstehen. Die Kandidierenden geben ein Versprechen ab, sich nämlich im Falle der Wahl auch für die Umsetzung der Forderungen einzusetzen. Ich für meinen Teil nehme das ernst. 

Ortsvereinsvorsitzender kündigt Transparenz im neuen Gemeinderat an (Symbolbild)

Alle außer der CDU Fast jede Gruppierung nennt (oft sogar als erstes Ziel!) Transparenz und Bürgerbeteiligung in ihrem Wahlprogramm. Eine Gruppe sieht sich selbst als eine Art Gralshüterin der Transparenz und fordert diese ständig. Aber halt auch nur dort, wo es ihr opportun erscheint. Dazu aber in einem anderen Text bald mehr.

Wie angekündigt habe ich von Tag 1 meiner Amtszeit an das Ziel verfolgt, die Niederschriften bzw. Protokolle der öffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen allen, die sich dafür interessieren, leicht und komfortabel zugänglich zu machen. Als zweiten Baustein für mehr Transparenz sollten wir diese alberne Anonymisierung im Mitteilungsblatt bleiben lassen. Das bekommen alle wöchentlich kostenlos ins Haus und da sollte schon drinstehen, wer welche Anfrage gestellt hat. Die Bürger:innen hätten somit schon mal die Basisinformationen. Wenn es jemanden dann näher interessiert, wäre der Diskussionsverlauf zu einzelnen Tagesordnungspunkten dann in der Niederschrift nachzulesen. 

Am einfachsten geht das, indem man die Niederschriften (die ohnehin im Ratsinformationssystem verfügbar sind, sobald sie von uns Ratsmitgliedern in der darauffolgenden Sitzung anerkannt wurden), für die Öffentlichkeit aufrufbar macht und eben die Anonymisierung im Mitteilungsblatt weglässt. Die Freigabe im Internet ist technisch kein Problem, dürfte vermutlich nur ein Häkchen beim Hochladen sein. Da zudem sowieso alle außer der CDU  fast alle Gruppen vor der Wahl für mehr Transparenz waren, sollte das im Rat ja auch eine Mehrheit finden. Dachte ich.

Ortsvereinsvorsitzender, nachdem er mit der Verwaltung gesprochen hat (Symbolbild)

Ist aber wohl doch nicht so einfach, wie ich erfahren musste. Die Gemeindeordnung lässt Interpretationsspielraum (wie ich hier erläutert habe). Da aber etwa 600 von 1.111 Gemeinden in Baden-Württemberg ihre Protokolle veröffentlichen (darunter die meisten aus dem Bodenseekreis), sollte das nicht das Problem sein. Es gäbe laut Auskunft Gemeindetag aber leider noch ein Problem. Nämlich den Datenschutz. Da es sich nämlich um personenbezogene Daten handle, müssten deren Veröffentlichung alle betroffenen Personen zustimmen. Also alle Mitglieder des Rates, der Bürgermeister, die Mitarbeiter:innen der Verwaltung, die entweder selbst reden oder genannt werden, eventuelle Dritte usw.

Ja, ok. Das wäre wirklich ein Hürde. Aber machbar. Die Ratskolleg:innen sollten doch ein Interesse daran haben, dass ihre Arbeit veröffentlicht wird und möglichst viel Beachtung findet. Der Bürgermeister sowieso und die Mitarbeiter:innen in der Verwaltung machen ihre Arbeit und die machen sie gut. Warum also sollte jemand was dagegen haben?

Wir haben das im Rat andiskutiert, als es in der Sitzung vom 27. April 2021 (vgl. hierzu Südkurier vom 10. Mai 2021) um Änderungen der Geschäftsordnung ging, die selbige behutsam an die digitale Realität anzupassen. Folgendes kam während oder nach der Sitzung an Äußerungen (sinngemäß):

  • „Dagegen!“
  • „Müssen wir gar nicht drüber abstimmen! Bin ich sowieso dagegen!“
  • „Wenn jemand das lesen will, soll er ins Rathaus gehen!“
  • „Wenn jemand das lesen will, soll er einen Gemeinderat fragen! Die haben Zugriff.“
  • „Ich will nicht falsch oder verkürzt zitiert werden!“
  • „Wer weiss, was in den Soziale Medien da draus gemacht wird!“
  • „Ich bin auch dagegen!“
  • „Interessiert niemanden!“
  • „Wenn ich nicht mehr im Rat bin, kann man das immer noch lesen!“
  • „Was ich vor Jahren gesagt habe, könnte gegen mich verwendet werden!“
  • „Ich will das nicht!“
  • „Dann muss ich mich ja vielleicht rechtfertigen für das, was ich da gesagt habe!“
  • „Dann ist das viel mehr Aufwand mit der Kontrolle der Niederschriften. Da wird sich dann ständig jemand beschweren, dass etwas falsch wiedergegeben würde!“
  • „Die Ratsmitglieder werden dann viel mehr auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit achten!“
  • „Die weniger Wortgewandten kommen zu kurz!“

Scheint doch kein Selbstläufer zu werden. Am Ende liest noch jemand die Protokolle und konfrontiert mich mit meiner eigenen Meinung! Skan-da-lös!

In Gesprächen im Vorfeld mit anderen Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister (der übrigens vor der Wahl auch Transparenz versprochen hat) wurde ich prinzipiell in meinen Ansichten bestätigt. Was dann an „Argumenten“ im Rat kam, hat mich aber überrascht und offenbart an manchen Stellen ein aus meiner Sicht sehr interessantes Verhältnis zur Demokratie und ihren Institutionen. Der „Riss“ geht mitten durch die Fraktionen. Nur die SPD-Fraktion ist sich einig.

Natürlich sind wir als Ratsmitglieder Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und natürlich hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, zu erfahren, was wir da so bereden. Dieses Recht hat sie jederzeit. Nicht nur als Besucher:in während der Sitzungen oder zu den Öffnungszeiten des Rathauses. Ich kann auch die Sorge nachvollziehen, sich unversehens im Mittelpunkt eines Shitstorms wiederzufinden. Aber das gehört dazu, auch als ehrenamtlich in der Politik tätige Person und dann kommt es auf die Solidarität der Kolleg:innen und der eigenen Gruppierung an. Wir werden uns damit anfreunden müssen, dass auch ohne veröffentlichte Protokolle und Namensnennung im Mitteilungsblatt der Ton rauer werden wird (siehe Leserbriefe zur EBC). Ich für meinen Teil werde niemanden im Regen stehen lassen.

Ortsvereinsvorsitzender bleibt bei seiner Meinung (Symbolbild)

Da waren sie wieder, die „dicken Bretter“. Aber durch die kommt man nie durch, wenn man nicht mal anfängt, zu bohren. Ich hab jetzt angefangen und ich bin sicher, dass die Wähler:innen auch eine Meinung dazu haben. Also tun Sie diese kund! Kommen Sie in die Sitzungen. Schreiben Sie den Kolleg:innen einen Brief, eine Mail, eine Nachricht in den Sozialen Medien. Schicken Sie ein Fax. Was auch immer Ihr bevorzugtes Kommunikationsmittel ist. Das, liebe Leser:innen, ist nämlich ein Top-„Argument“ derjenigen, die ihre Namen nicht im Internet und auch nicht im Mitteilungsblatt sehen wollen: „Das interessiert doch niemanden!“ Aber Desinteresse ist der Tod der Demokratie!

Also unterstützen Sie meine Kolleg:innen und mich im Einsatz für mehr Transparenz! Nur so können wir was verändern. Sonst sieht es in einigen Jahrzehnten so aus, wie auf dem nächsten Bild. Und das kann nun wirklich niemand wollen.

Ortsvereinsvorsitzender im Jahr 2051 bei seiner alljährlichen Forderung, die Protokolle ungefiltert ins Netz zu stellen.

Von großen und von kleinen Häusern

Quo vadis, Uhldingen-Mühlhofen?

Ja, gute Frage! Wo soll’s denn hingehen mit unserer Gemeinde? Der Gemeinderat hat sich zusammen mit der Verwaltung und deren Chef diese Frage gestellt und arbeitet daran, Antworten auf diese nur scheinbar simple Frage zu geben. So einfach ist das nämlich nicht. Schon die Tatsache, dass wir es – noch immer – faktisch mit drei Gemeinden zu tun haben, von deren jeweiliger Besonderheit und Einzigartigkeit ein großer lauter Anteil der ansäßigen Bevölkerung fest überzeugt scheint, macht die Beantwortung der Frage schon mal deutlich schwerer. Bei der Gründung vor bald fünfzig Jahren wurde (so wird es mir immer wieder erzählt) für jeden Teilort eine Funktion festgelegt. Unteruhldingen dem Tourismus gewidmet, Oberuhldingen als Versorgungszentrum und Mühlhofen für den Rest als Gewerbestandort. Wenn wir daran festhalten wollen (wobei ein Überdenken dieser Aufteilung nach 50 Jahren sicherlich nicht übereilt wäre), müssen wir die Eingangsfrage mindestens dreimal beantworten.

Mag ich aber nicht. Zwar wohne ich in Mühlhofen und es soll sogar einige Mühlhofer Bürger:innen geben, die sich darüber gefreut haben, dass jetzt ein Mühlhof(en)er mehr im Rat sitzt und das für Mühlhofen von Vorteil sein könnte. Das ist sicherlich so, weil „unsere“ Themen manchmal nicht die Beachtung bekommen, die sie verdienen und es sicher nicht schadet, wenn ein „Betroffener“ mehr im Rat sitzt und sich zu Wort meldet. Trotzdem ist mein Anspruch, das Wohl der gesamten Gemeinde im Blick zu haben und dazu gehört auch eine Vision (Bitte verzeih mir, Helmut!) für die gesamte Gemeinde. Die muss sich dann natürlich in verschiedene Pläne für die Teilgemeinden unterteilen.

Was mich überaus freut (und was ich hier ja auch schon gefordert habe) ist, dass solch ein Gesamtkonzept für unsere Gemeinde entwickelt wird und besonders freue ich mich, mitarbeiten zu dürfen. Den Anfang sollen die Baulandpolitischen Grundsätze bilden.

Dann lasst uns anfangen!

Haben wir tatsächlich! In einer der vergangenen Sitzungen waren die Fraktionen aufgerufen, ihre Gedanken zu den Baulandpolitischen Grundsätzen vorzustellen. Voraus gab’s eine Präsentation dessen, was bereits vorab in der Verwaltung und im Rat diskutiert. Zugegeben, das war schon mal eine gute Basis und geht sogar in die Richtung dessen, was wir als SPD schon 2019 gefordert haben.
Im Vorfeld haben wir diese Forderungen aktualisiert und ergänzt. Im Rat habe ich dann die Linien skizziert, die ausführliche Auflistung habe ich schriftlich zu Protokoll gegeben. Unsere Vorstellungen im Detail:

  • Eine rechtssichere Satzung nach §22 BauG Bfür UU.
  • Eine Zweckentfremdungssatzung für OU und MÜ.
  • Die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer auf mindestens 30%.
  • Eine Ausgewogene Sozialstruktur fördern, zentrale Bedingung:
    Menschen, die hier arbeiten, müssen auch hier leben können!
  • Sozialquote / Preisbindung, mindestens 30% der Wohnfläche unter dem marktüblichen Preis.
  • Ausweisung weiterer Baugebiete, aber die Planung der Ausweisung von Baugebieten sowie deren Bebauungspläne muss sich an langfristigen Entwicklungsachsen orientieren.
  • Einfamilienhäuser nur noch im Randbereichen der Entwicklungsachsen planen. um den Flächenfraß zu stoppen. EFH sind sicherlich kein Mittel, um der Wohnraumknappheit mit günstigen Wohnungen zu begegnen.
  • Bei der Planung von größeren Gebieten Platz für Versorgung des täglichen Bedarfs festlegen.
  • Keine reinen Wohngebiete mehr planen, sondern Mischgebiete planen (Dienstleistung, Handwerk, Verkauf). Dörflicher Charakter bedeutet vor allem kurze Wege, eine gemischte Sozialstruktur, tägliche Besorgungen sind fussläufig und nicht kleine Häuschen mit Garten aussen rum.
  • Die Lücken im (Fuß- und Rad-)Wegenetz konsequent schliessen.
  • Eine bedarfsorientierte Verkehrsanbindung der Baugebiete mitplanen und fördern (ÖPNV, Fahrradwege, Fusswege).
  • Konsequente Nachverdichtung:
    Ob wir wollen oder nicht, wir werden in Zukunft höher und dichter bauen müssen. Dazu gehört auch, dass wir im Innenbereich höhere Bauten und Aufstockungen erlauben.
  • Führen eines Freiflächenkatasters.
  • Den ökologischen und nachhaltigen Geschosswohnungsbau fördern, um günstigen Wohnraum zu schaffen.
  • Einen Anteil von regenerativer Energie für die Versorgung von (Neu-)Bauten festlegen (KfW 55 oder besser, Klimaneutralität als Ziel), dabei ist zulässig, neueste Bautechniken und Infrastruktur zu verwenden.
  • Zukünftige Erschliessung zwingend mit Glasfaser sowie mit zusätzlichen Leerrohren, Abwasser- und Oberflächenwasser trennen.
  • Neue, innovative Wohnformen fördern, um dem Bedarf der sich ändernden Gesellschaft gerecht zu werden (Mehrgenerationen, Singlehaushalte etc.).
  • Mühlhofen könnte innovatives „Musterdorf“ werden, eine zukunftsgerichtete Modellsiedlung um den Teilort aus seinem Dornröschenschlaf zu holen.
  • Experimentierfläche für Tiny Houses (?) auf Zeit? (Grundfläche) vermieten/verpachten.
  • Modelle wie Erbpacht vorrangig verfolgen, um zukünftigen Generationen wieder Handlungsspielraum zu geben.
  • Konsequenter Gebrauch des Vorkaufsrechts der Gemeinde.

Was sagen die anderen?

Als ich die Sitzung vorbereitet habe, habe ich mir überlegt, wie wohl die Reaktionen der anderen Ratsfraktionen auf diese revolutionären vernünftigen Forderungen sein würden. Würde mich das Schicksal Toni Hofreiters ereilen? Würde die CDU über mich herfallen? Mir grünen Sozialismus ankreiden? Die Presse über ein „Verbot von Einfamilienhäusern“ fabulieren? Ich war wirklich auf alles vorbereitet. 

Und was kam? Nix! Hauptsächlich Zustimmung, ein bisschen liberales Aufbäumen gegen „Zwänge“, das war’s! Ansonsten allerorten Kopfnicken. Auch als die Lokalpresse berichtet hat, gähnende Leere in meinem E-Mail-Postfach. Dann kann’s ja losgehen!

Verkehrte Welt

Gastgeber wollen keine Tourismusförderung

Machen wir mal ein Gedankenexperiment. Die Bundesregierung beschließt, jedes Jahr eine nicht unerhebliche Summe bereitzustellen, um die deutsche Automobilindustrie zu fördern. Als Reaktion darauf lässt der VDA verkünden: „Nein, liebe Bundesregierung, finden wir nicht gut, belastet den Bundeshaushalt, wollen wir nicht.“ Absurd? Sicher. So ähnlich aber in unserer Gemeinde passiert.

Vergangene Woche hat der Rat sich nach einer sehr langen Pause wieder mit der EBC beschäftigt. Hätte er aber gar nicht sollen, sondern nur mit einem Projektplan, der zu einer fundierten Entscheidungsfindung des Rates hinsichtlich einer Einführung der Karte für Uhldingen-Mühlhofen 2022 führen soll. Es ging also nicht um die Karte, sondern darum, wie wir zu einer Entscheidung kommen könnten. Vorgestellt wurde der Plan von Frau Intelisano von der Tourist Info. Sie hat dabei mehrmals betont, dass dieser Plan keine Entscheidung des Rates vorwegnehmen soll und dass, im Gegensatz zum letzten Mal, auch die Gastgeber:innen ausführlich zu Wort kommen sollten. Verständlicherweise hat sie dabei Werbung für die Einführung der Karte gemacht, die TI sieht die Karte als Baustein zur Steigerung der Attraktivität der Gemeinde als Tourismusort. Eben das ist auch Aufgabe der TI.

Kurzum, der Plan machte auf mich einen strukturierten und durchdachten Eindruck, alle Seiten sollten ausgiebig zu Wort kommen und auch die zeitliche Planung schien mir plausibel. Vorab wurden wir über die positiven Erfahrungen derjenigen Gemeinden, die die Karte schon eingeführt haben, ins Bild gesetzt und auch das schien mir glaubwürdig. Losgelöst davon ging es (es tut mir leid, aber ich muss das ständig wiederholen) nur um den Plan zur Entscheidungsfindung.

Was das alles wieder kostet!

Das hat aber manche Kolleginnen und Kollegen nicht davon abgehalten, das ganz große Fass aufzumachen. Es wurde intensiv gestritten, ob denn die EBC jetzt gewünscht werde oder nicht (nachzulesen hier). Das Gebiet, in dem der ÖPNV kostenlos wäre, sei zu klein. Das Ganze sei Zwang (für Tourist:innen und Gastgeber:innen). Man werde „schon wieder überfahren“. Die Gäste würden aufgrund der Erhöhung der Kurtaxe (von jetzt 2,00 € pro Person und Nacht um 1,10 € bis 1,30 € auf dann maximal 3,30 €) ausbleiben. Hierzu wurde der Rückgang von Übernachtungen in anderen Seegemeinden angeführt und die EBC als Ursache dafür ausgemacht. Zu der erhöhten Kurtaxe kämen zusätzlich noch etwa 100.000 €, welche die Gemeinde jährlich zusätzlich an Mitteln für die Karte bereitstellen müsse. Insbesondere dieses Argument von Seiten der Gastgeber:innen hat mich dann doch sehr überrascht.

Daraufhin habe ich mich in die Diskussion eingeklinkt (nicht nachzulesen hier). Als erstes habe ich mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass wir in der Sitzung jetzt eben nicht über die Einführung zu entscheiden hätten, sondern über den Weg, der uns zu einer Entscheidung bringen sollte. Ich habe den Plan (wie oben) gelobt und eine Versachlichung der Diskussion eingefordert. Die vorgebrachten Argumente gegen die Einführung der Karte fand ich wenig stichhaltig. Ein kleines Rechenbeispiel: ein vierköpfige Familie, welche zwei Wochen in unserer Gemeinde Ferien macht, müsste für die EBC 72,60 € an Mehrkosten aufbringen. Dafür gibt es zwei Wochen lang kostenlosen ÖPNV im gesamten Bodo-Gebiet, Vergünstigungen bei touristischen Attraktionen und auf verschiedenen Schifffahrtslinien. Für 72,60 € wird es schwer, in Unteruhldingen für eine vierköpfige Familie ein Abendessen zu bekommen! Das mal zu den Relationen (Ich hätte hier gerne die Speisekarte des Seehofs eines Hotels mit Restaurant in Unteruhldingen verlinkt. Da stehen aber keine Preise drauf. Was mein Argument wohl eher stützen dürfte).

Was die angeblich ausbleibenden Gäste anging, so bin ich der Meinung, dass man als Gastronom:in vielleicht sein Geschäftskonzept überdenken muss, wenn Gäste aufgrund eines Preisaufschlags von 1,30 € pro Nacht im Gegenzug zu kostenlosem ÖPNV und noch mehr Vergünstigungen wegbleiben.

Bezüglich der angemahnten Mehrkosten für die Gemeinde hab ich meine Irritation deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Gastgeber in Uhldingen-Mühlhofen sind der erste Interessenverband, von dem ich höre, dass er sich über die Förderung der Interessen seiner Mitglieder (hier der Tourismus) beschwert und das als Argument für eine Ablehnung anführt. Die Mehrkosten für die Gemeinde sind als Investition in den Tourismus anzusehen. Der ist Teil unserer Gemeinde und ich finde, wir sollten den auch in eine bestimmte Richtung fördern. Wenn er mit der Einführung der EBC ein Stück ökologischer wird, bin ich gerne bereit, dafür auch Geld in die Hand zu nehmen.

Aus ökologischer Sicht ist die Karte absolut sinnvoll. Wir möchten unsere Gäste doch dazu bringen, vorzugsweise mit dem ÖPNV oder eben mit dem Fahrrad unsere schöne Region zu erkunden.

Wie geht’s weiter?

Wir haben es dann tatsächlich geschafft, den vorgeschlagenen Plan mit großer Mehrheit anzunehmen. Am 18.3.2021 findet eine Gastgeberversammlung per Videokonferenz statt. Anschließend werden alle registrierten Beherbergungsbetriebe von der TI mittels Fragebogen zu ihrer Position hinsichtlich der EBC befragt. Das wird dann ausgewertet. Das dauert eine Weile und dann wird das Ergebnis in einer Gemeinderatssitzung vorgestellt. Es wird weiter beraten und irgendwann im Juli 2021 entscheiden wir dann über eine Einführung.

Es bleibt spannend und es ist noch viel Zeit für Gespräche!

Updates

19.03.2021:
Kinder bis 15 Jahren bleiben auch weiterhin von der Kurtaxe (und damit auch von der Erhöhung für die EBC) befreit. Damit ändert sich mein Rechenbeispiel entsprechend.

19.03.2021:
In der gestrigen Gastgeberversammlung wurde die EBC von den Teilnehmer:innen meiner Beobachtung nach größtenteils positiv bewertet, teilweise sogar gefordert. Es zeigt sich damit, dass nicht unbedingt der Lauteste die Meinung der Mehrheit vertritt.

Die Grünen haben Recht!

Der Hofreiter Tony und das Einfamilienhäuschen

Ok, einer von ihnen hat was ganz Gescheites gesagt. Kommt zur Zeit selten genug vor, dass von den Grünen was Konkretes kommt und noch seltener, dass ich den Grünen beispringe. In einem Interview (SPIEGEL Online, leider €) hat der Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ein paar höchst interessante und vernünftige Dinge gesagt. So vernünftig, dass die Landtagskandidatin der CDU im Bodenseekreis gleich die Sachebene verlassen hat und in die Mottenkiste des Lagerwahlkampfs gegriffen hat (dort kamen ihr dann wahrscheinlich Pastor Hintze, Konrad Adenauer und die Werteunion entgegen). Nachfolgend ein paar Eindrücke von ihrem Facebook-Auftritt.

Das ist doch mal erfrischend! Und so anders! Klassischer Fall von „Thema verfehlt“. Aber wenn’s halt an der Fähigkeit Bereitschaft zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner fehlt, bleibt einem eben nicht mehr viel.

Little Boxes und das Donut-Dorf

Kurz zusammengefasst denkt Tony Hofreiter laut darüber nach, ob denn Einfamilienhäuschen angesichts ihres enormen Bedarfs an Fläche und Ressourcen, ihrer in Relation zur entstehenden Wohnfläche immensen Kosten und  immer mehr verödeter Ortskerne (Donut-Dorf) allein selig machend sind. Dann sinniert er noch kurz darüber, ob es vielleicht sinnvoll ist, als Staat bei unklaren Besitzverhältnissen und standhafter Weigerung von Grundbesitzer:innen regulierend zum Wohle der Allgemeinheit einzugreifen und das böse E-Wort zu sagen: Enteignung

Dass der Staat (das sind, zur Erinnerung, übrigens wir alle und kein abstraktes Wesen) das nur in Ausnahmefällen darf und dass vor allem das (seit gefühlter Ewigkeit, jedenfalls schon viel zu lang) CSU-geführte Bundesverkehrsministerium fast nichts anderes macht, als Grundbesitzer:innen für den Bau von Autobahnen und Bundesstrassen zu enteignen, verschweigt die Dame von der CDU natürlich geflissentlich.

Baulandpolitische Grundsätze für UM

Wie gut, dass der Gemeinderat es sich zur Aufgabe gemacht hat, baulandpolitische Grundsätze für unsere Gemeinde zu formulieren. Los geht es in der kommenden Sitzung am 16.3.2021. Wir als SPD haben einige Punkte formuliert, die wichtig sind, um bezahlbaren Wohnraum in Einklang mit ökologischen Zielen in Uhldingen-Mühlhofen zu schaffen. Tatsächlich spielen die Gedanken des Herrn Hofreiter dabei keine unerhebliche Rolle. Dazu demnächst hier und in der Ratssitzung.

Und jetzt, Herr Ferraro?

Was bisher geschah

Als erste Maßnahme hab ich natürlich den Ausbruch der sozialistischen Revolution meine Verpflichtung ausgiebig etwa zehn Minuten lang mit einem Glas Wasser gefeiert, um dann todmüde ins Bett zu fallen. Kann sich nämlich ziehen, so ein Sitzungstermin. Ich hab mich über diese Ehre sehr gefreut, die mir zuteil geworden ist und ich empfinde auch Demut und Respekt vor der Aufgabe, die vor mir steht. Aber ich weiss auch, dass ich auf die Unterstützung vieler Menschen zählen kann und das lässt mich optimistisch in die Zukunft blicken.

Mehrere Sitzungen sind rum, viele lange Gespräche geführt und viele lange Gespräche stehen noch an. Seitdem ich am 26. Januar 2021 (19:10 Uhr ?) als Gemeinderat verpflichtet wurde, ist kaum ein Tag (abgesehen vom Wochenende) vergangen, an dem ich nicht ein mindestens einen Termin im Zusammenhang mit meinem neuen Amt wahrgenommen habe. Bitte nicht als Jammern verstehen, ganz im Gegenteil! Das macht unheimlich viel Spaß, mit so vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Pandemie erschwert das deutlich, nichtsdestotrotz habe ich spannende Einblicke bekommen und wurde vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus offen und ohne Vorbehalte empfangen. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal!

Anstand und Höflichkeit gebieten es, sich als neuer Fraktionsvorsitzender bei den anderen Fraktionen vorzustellen. Mein Angebot fanden nicht alle so verlockend. Sei’s drum, ich hab mit den meisten Fraktionen – und dort auch mit verschiedenen Rätinnen und Räten – gesprochen und war doch teilweise sehr (positiv) überrascht. In allen Gesprächen haben wir inhaltliche Gemeinsamkeiten entdeckt und ich war froh, dort überall auch dem Willen zur nachhaltigen Veränderung unserer Gemeinde zu begegnen. Ich bin gespannt, wie sich das dann im „politischen Alltag“ äußert.

Wie geht’s jetzt weiter?

Meine bisherigen Erfahrungen machen (mir) Hoffnung. Unser Bürgermeister hat wirklich was vor mit unserer Gemeinde und es freut mich außerordentlich, dass er (ebenso wie ich) ein Fan der Transparenz ist. Das Primat der Öffentlichkeit ist nicht mehr nur, wie bei seinem Vorgänger, blosses Lippenbekenntnis. Wenn ich es mir recht überlege, war es bei seinem Vorgänger nicht einmal das. Nein, Bürgermeister Männle meint es ebenso ernst wie die SPD und setzt zudem auch auf konsequente Bürgerbeteiligung. Von der AWG, selbsternannte Gralshüter der Transparenz, hab ich bisher im Übrigen noch keine dahingehenden Initiativen feststellen können. War dann wahrscheinlich auch nicht so wichtig wie die konsequente Verhinderung von Innovationen (siehe elektronischer Meldeschein und EBC) oder Bäumen im Hafengebiet (wegen der Aussicht, kommt ja sonst niemand mehr, wenn er beim Kännchen Kaffee nicht auf den See gucken kann) oder der angemessenen Würdigung und Präsentation unserer Welterbestätte. Muss man halt Prioritäten setzen.

Meine Prioritäten bei meiner Arbeit als Gemeinderat leiten sich aus unserem Wahlprogramm für die Kommunalwahl ab. Wer SPD wählt, bekommt sie auch. Dazu gehört, dass die Niederschriften der Rats- und Ausschusssitzungen (Ups, wirklich mit drei „s“! Das tut im Gegensatz zu gendergerechter Sprache wirklich weh beim Angucken!) für alle Interessierten online einsehbar sind, sobald sie vom Rat anerkannt wurden. Erste Gespräche dazu habe ich schon geführt. Ein Hinderungsgrund könnte eine Formulierung in §38 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg sein. Dort steht nämlich „Einsicht“. Das Online-Stellen eines PDF ist aber faktisch das Anfertigen einer Kopie. Das ist wohl nicht vorgesehen. Allerdings bekommen das andere Gemeinde auch ohne weiteres hin. Von daher bin ich zuverlässig, dass wir das auch können. Etwas pessimistischer wäre ich, wenn die Mitglieder des Gemeinderats dem zustimmen müssten. Das fänden vermutlich nicht alle so selbstverständlich wie ich und die weitaus meisten Bürger:innen von Uhldingen-Mühlhofen (Sehen Sie, hat überhaupt nicht weh getan! Haben Sie wahrscheinlich nicht mal bemerkt!). Ich bleibe dran und werde berichten, wenn sich da was tut.

Überhaupt gelobe ich hiermit feierlich, zukünftig wieder regelmäßig zu schreiben und Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger (jetzt mal ausgeschrieben, sonst liest die CDU nicht mehr mit) mit Hintergrundinformationen zu versorgen und meinen Senf meinen Kommentar zu aktuellen Themen abzugeben. Nah bei de Leut‘ halt!

 

 

Neustart

Wo warst du denn die ganze Zeit?

13 Monate sind eine sehr lange Zeit. Jetzt könnte ich zu einer ausschweifenden Erklärung ansetzen, weshalb hier so lange nichts passiert ist, obwohl es doch reichlich zu kommentieren gegeben hätte und aktuell auch gibt. Machen wir es kurz: ich war wirklich eine Weile sprach- und ratlos und je länger man etwas vor sich herschiebt, desto schwieriger wird es, einen Anfang zu finden.

War was?

Nützt aber alles nix, die Welt dreht sich weiter und sie dreht sich ganz schön schnell. Seit über einem Jahr hält ein Virus, über das wir noch immer erstaunlich wenig wissen, buchstäblich die Welt in Atem. Dinge, die uns selbstverständlich waren, sind mittlerweile undenkbar (schauen Sie sich einfach mal eine Folge ihrer Lieblingsserie von vor der Pandemie an! Igitt, wie viele Menschen auf einen Haufen! Und alle schütteln sich ständig die Hände und niemand hält Abstand! Haben wir das „früher“ wirklich so gemacht?). Dafür haben sich manche, möglicherweise wünschenswerte Entwicklungen rasant beschleunigt und Missstände treten sehr deutlich hervor (gerne erinnere ich an den Verantwortungsbereich der bald Ex-Kultusministerin). Die gegenwärtige Situation verlangt von vielen von uns weit mehr als das, was zu leisten und zu erdulden wir uns bis dahin  in der Lage sahen. Viele Lebensbereiche ändern sich in beispielloser Geschwindigkeit radikal und es ist noch nicht mal im Ansatz zu erkennen, wohin das alles führt. Hinzu kommt eine monströse Zahl an Menschen, die ihr Leben unter Qualen verloren haben. Großteils auf Intensivstationen, ohne die ihnen Nahestehenden noch einmal sehen dürfen. Noch immer sterben unvorstellbar viele. Jeden Tag. 
Dazu kommen die vielen alten Menschen, denen die letzte schöne Zeit durch notwendige Maßnahmen verkürzt oder ganz genommen wird. Weil wir es nicht schaffen, sie schneller zu impfen und weil wir sie sonst nur durch Isolation schützen können. 

Wie geht’s denn jetzt weiter?

Keine Zeiten für Kommunalpolitik also? Mitnichten! Zwar sehen wir täglich, wie die „große Politik“ teilweise ratlos versucht, der Pandemie Herr zu werden, aber gerade jetzt ist Kommunalpolitik noch wichtiger, als sie sonst schon ist. Warum? Weil Kommunalpolitik schnell und flexibel sein kann. Weil sie näher dran ist an den Menschen, als es jede andere Politikebene je sein könnte. Kommunalpolitiker agieren nicht im vielzitierten luftleeren Raum. Auch sie sind vernetzt und können die Sorgen und Anliegen der Menschen, die sie vertreten, in Gremien und Organisationen weitertragen.

Seit dem 26. Januar 2021 habe ich nun die ehrenvolle Aufgabe, zusammen mit 17 weiteren Kolleginnen und Kollegen die Interessen der gesamten Gemeinde im Rat zu vertreten. Spätestens jetzt also ist es an der Zeit, diesen Blog wieder mit Leben zu füllen und dadurch eine weitere Möglichkeit des Dialogs mit meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu nutzen.

In der Vergangenheit habe ich an dieser Stelle schon mehrfach über Transparenz geschrieben. Das meine ich noch immer ernst. Daher möchte ich zukünftig auch offen über das Geschehen im Rat berichten. Verständlicherweise muss ich die Vertraulichkeit nicht-öffentlicher Beratungen wahren. Allerdings finde ich, dass diese auf ein absolut notwendiges Minimum zu beschränken sind. Neuer Bürgermeister, neue Chancen.

Und damit sind wir schon mittendrin in der Zukunft. Bleiben Sie dran, es wird spannend! Versprochen!

Neues zu den Wegen in Mühlhofen

Ottenbohlstraße

Nachdem ich hier und hier schon einmal ausgiebig über die Wege in und nach Mühlhofen geschrieben habe, möchte ich heute vermelden, was es an Neuigkeiten gibt.

Zuerst zur Sanierung der Ottenbohlstraße. Folgendes gibt es zu berichten:

NIX!

Vorgesehene Mittel im Gemeindehaushalt 2020 für die Sanierung der Ottenbohlstraße (Symbolbild)

 

Zu entnehmen der Haushaltsrede des Bürgermeisters. 

Verbindungsweg Mühlhofen – Oberuhldingen

Auch zum Verbindungsweg zwischen Mühlhofen und Oberuhldingen macht der Haushaltsplan für 2020 eine ganz konkrete Ansage:

Wieder NIX!

Vorgesehene Haushaltsmittel für den Verbindungsweg zwischen Mühlhofen und Unteruhldingen (Symbolbild)

 

Zum Vergleich die Mittel für den „Bürgermeister-Lamm-Gedächtnis-Boulevard“ in Unteruhldingen (auch bekannt als „Uferneugestaltung„):

Wir ham's ja!

Bereits eingesetzte sowie im Haushalt 2020 vorgesehene Mittel für die Uferneugestaltung in Unteruhldingen (Symbolbild)


Irgendwelche Zusammenhänge (weil A so viel kostet, reicht es nicht mehr für B) sind freilich nur Spekulation.

Hallo, ich bin zurück!

Zugegeben, das war eine ungewöhnlich lange Sommerpause. Manchmal gibt es eben auch wichtigere Sachen als die liebe Politik. Der Sommer ist aber definitiv vorbei und ab jetzt gibt es hier wieder regelmäßig neue Artikel. 

Was bisher geschah

Während ich mich anderen schönen Dingen gewidmet habe, waren manche Leute in Uhldingen-Mühlhofen ganz schön aktiv. Der scheidende Gemeinderat  hat in seiner letzten Sitzung dem neuen Gemeinderat (zu 87,5% identisch) meiner Meinung nach ein ganz ordentliches Ei ins Nest gelegt. Das Ei nennt sich Geschäftsordnung. Die gibt sich der Gemeinderat selbst. Ich hätte erwartet, dass sowas warten kann, bis der neue Rat zusammentritt, auf dass die Mitglieder sich dann selbst eine entsprechende Geschäftsordnung geben können. Aber wenn’s fast dieselben Leute sind, lässt sich das ja zwischendurch mal erledigen, gerne auch im Sinne des (ebenfalls) scheidenden Bürgermeisters, der, wenn ich das richtig interpretiere, dem scheidenden Rat auch gleich netterweise eine Beschlussvorlage bereitgestellt hat. 

Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 1

Der Rat hat jedenfalls beschlossen, dass sich die Mitglieder bitteschön maximal zweimal zu einem Tagesordnungspunkt äußern mögen und das auch in großzügigen drei Minuten je Redebeitrag.
Wenn man dann auch gleich beim Beschränken des Rederechts ist, dann aber richtig! Einwohner können in der Einwohnerfragestunde während einer Gemeinderatssitzung keine Fragen mehr zu Themen stellen, die in derselben Sitzung vom Rat diskutiert werden. Sie müssen damit bis zur nächsten Sitzung warten.  Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Einwohnerfragestunde immer zu Beginn der Sitzung ist, sodass es vorkommen kann, dass Diskussionen zu Themen, die auf der Tagesordnung stehen, schon vorgegriffen wird und es somit zu redundanten Diskussionen kommen könnte. Selbstbeschränkung ist die eine Sache. Aber das Rederecht anderer zu beschneiden ist was anderes, Honi soit qui mal y pense!
Nachzulesen ist das – nein, nicht etwa in online zugänglichen Ratsprotokollen! – ordnungsgemäß entsprechend Uhldinger Datenschutzrecht anonymisiert im Amtsblatt der Gemeinde (Ausgabe 28/2019, ab Seite 12).

Freiwillige Selbstbeschränkung – Teil 2

Ebenfalls nicht im sehr ansprechend neu gestalteten Ratsinformationssystem (zumindest nicht ohne Anmeldung) nachzulesen, sondern in der schon oben zitierten Ausgabe des Amtsblatts, ist eine weitere (freiwillige) Beschränkung der Rechte der Ratsmitglieder.
Jede Fraktion darf sich im Amtsblatt äußern. Und zwar wie folgt:

„Den Fraktionen des Gemeinderats ist Gelegenheit zu geben, ihre Auffassung zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen.
Der Gemeinderat regelt in einem Redaktionsstatut für das Amtsblatt das Nähere, insbesondere den angemessenen Umfang der Beiträge der Fraktionen.“

Genau dieses Statut hat der (scheidende) Gemeinderat neu gefasst. Grob gesagt dürfen die Fraktionen nichts veröffentlichen, was nicht vom Bürgermeister abgesegnet wurde. Wenn es unterschiedliche Meinungen geben sollte, wird nichts veröffentlicht. Zitat:

9. Im Übrigen entscheidet das Bürgermeisteramt über eine Aufnahme.

10. Bei evtl. Meinungsunterschieden über den Inhalt des Beitrages zwischen dem Bürgermeister und der Fraktion sollen diese einvernehmlich geregelt werden. Bis zu einer einvernehmlichen Übereinkunft wird der Beitrag nicht abgedruckt.“

Bürgermeister*in (m/w/d) will nicht, also wird’s nicht gedruckt. Frei nach Ludwig XIV.: „Le Gemeinde, c’est moi!“

In diesem Sinne freue ich mich auf viele kontroverse Stellungnahmen von Seiten der Fraktionen.

Was passiert mit der Alten Schule in Unteruhldingen?

Ruhe

Diese Frage bewegt viele Menschen in (Unter-)Uhldingen und seit der Bürgerversammlung im Dezember und der darauffolgenden Diskussion über einen Bürgerentscheid, Erbpacht und alternative Nutzungsmodelle wurde es sehr ruhig um das Thema.
Faktisch gilt der Beschluss des Gemeinderates, das Grundstück zu verkaufen, da bisher kein abweichender Beschluss gefasst wurde. Aber wird mit Interessenten verhandelt? Spielt Erbpacht (noch) eine Rolle? Ist das Grundstück möglicherweise sogar verkauft?

Offener Brief an Bürgermeister Lamm

Unser Vertreter im Gemeinderat hat vor der Gemeinderatswahl eine schriftliche Anfrage an den Bürgermeister geschickt, mit der Bitte, den aktuellen Stand bezüglich der Alten Schule zu erläutern. Auf diese Anfrage gab es keine direkte Antwort, erst auf eine mündliche Nachfrage am Rande einer (nichtöffentlichen!) Sitzung des Rates hin hat der Bürgermeister sich geäußert. Hierzu gibt es zwei Schilderungen. Unser Vertreter sagt, der Bürgermeister habe geäußert, vor der Wahl keine Auskunft geben zu wollen. Der Bürgermeister selbst sagt, „darauf hingewiesen [zu] habe[n], dass die Verhandlungen dazu vor der Wahl ruhen und erst danach weitergeführt“ würden.
Ich habe als Vorsitzender der SPD einen Offenen Brief an Herrn Bürgermeister Lamm verfasst (und diesem auch der Presse zukommen lassen). Den Brief gibt es hier zu lesen. Darin stelle ich folgende Fragen:

  • Gibt es oder gab es bereits Verhandlungen zwischen Vertretern der Gemeinde und Interessenten über einen Verkauf des Grundstücks?
  • Wurde in diesen Verhandlungen bereits Einigung erzielt?
  • Wenn ja, wann wurde diese Einigung erzielt?
  • Schließen oder schlossen diese Verhandlungen das Modell der Erbpacht mit ein?
  • Ist oder war es Ziel der Verhandlungen, einen Erbpachtvertrag zu schließen oder wird dies lediglich als Option gesehen?

Die Antwort

Erfreulich zügig hat Herr Lamm meinen Brief beantwortet. Oder vielmehr nicht beantwortet. Zumindest nicht besonders ausführlich. Die Antwort des Bürgermeisters darf ich auf Nachfrage hin nicht veröffentlichen.

Es bleibt jedenfalls spannend.

Aufmerksamkeit erzeugt Bewegung

Die Uhldinger Sozialdemokraten – und bestimmt nicht nur die – nehmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass sich der Gemeinderat am 21.05.2019 einstimmig für den aktuellen Entwurf der Satzung nach § 22 BauGB („Anti-Rolladen-Satzung“) ausgesprochen hat.

Damit geht die Satzung in die letzte Genehmigungsrunde und kann noch vor der Sommerpause wirksam werden. In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl gingen weder Verwaltung noch Rat auf die Historie dieser Satzung und ihrer Vorläuferin ein. Alles sah aus wie Business as usual. Sei es drum, die Gemeinde hat sich nun wieder ein Instrument für die Gestaltung der Baupolitik in Unteruhldingen gegeben, Exzesse wie die Villa Oyster im Waldweg wird es damit nicht mehr geben. Die Uhldinger SPD freut sich jedenfalls darüber, dass die Verwaltung das Thema nach unserer Intervention in einer geprüften Version kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt hat. Dem Wahlkampf sei Dank!

Allerdings ist damit die Notwendigkeit, die Gemeinde städtebaulich hin zu einer gut durchmischten Struktur und hin zu erschwinglichen Mieten  zu entwickeln, nicht erledigt. Der nächste folgerichtige Schritt muss der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung sein, die die Verwendung von eigentlich dauerhaft nutzbarem Wohnraum als Ferienwohnungen als Ordnungswidrigkeit ahndet. Für eine solche Regelung gibt es aktuelle Beispiele in der nächsten Nachbarschaft.

Die Uhldinger SPD wird sich im neuen Gemeinderat noch vor der Sommerpause für eine solche Satzung stark machen. Das Leben in Uhldingen-Mühlhofen muss in den nächsten 15 Jahren auch für Normalbürger wieder erschwinglich werden.