Eine interessierte Bürgerin besucht die Sitzung des Gemeinderates. Während der Sitzung wird, auf Anregung eines Mitglieds hin, ein Beschluss gefasst. Nämlich den Grundstückspreis 10€ pro Quadratmeter anzuheben, um mit den Mehreinnahmen eine Straßensanierung zu finanzieren.
Fünf Jahre später will davon niemand mehr etwas wissen, obwohl damals Anwesende sogar noch sagen können, von welchem Ratsmitglied der Vorschlag kam. Nachdem die Sanierung der Ottenbohlstraße nicht mehr im Gemeindehaushalt auftaucht, habe ich Dr. Klaar als Gemeinderat gebeten, doch mal in den Ratsprotokollen nachzuschauen.
Der lange Weg zur Protokolleinsicht
Das ist für ihn wesentlich einfacher als für mich. „Normale“ Bürger müssen ins Rathaus und Einsicht in die Protokolle beantragen. Dann dürfen sie sich die gewünschten Protokolle anschauen. Kopien machen ist nicht vorgesehen.
Der Inhalt der Protokolle enttäuscht dann. Darin werden nur Ergebnisse festgehalten. Wer im Rat oder im Ausschuss welche Position vertreten oder welchen Wortbeitrag gebracht hat, ist nicht enthalten. Ebenso wird das Abstimmungsergebnis rein quantitativ wiedergegeben. X haben dafür, Y haben dagegen gestimmt und Z haben sich enthalten. Keine Chance, herauszufinden, wer wie gestimmt hat.
Diese Einsicht ist nur möglich, wenn die jeweilige Sitzung öffentlich war. Ansonsten: Gehen Sie weiter, hier gibt es (für Sie) nichts zu sehen!
Dr. Klaar hat jedenfalls die infrage kommenden Protokolle besorgt. Keine Hinweise auf das, was tatsächlich in der Sitzung besprochen wurde. Seine Nachfrage bei der Verwaltung stösst auf Verwunderung. Solch eine Belastung der Grundstückskäufer wäre rechtlich gar nicht möglich und an eine solchen Beschluss will sich auch niemand erinnern. Wenig überraschend! Mit Wortprotokollen wäre das nicht passiert.
Uhldingen-Mühlhofen hat sein eigenes Datenschutzrecht
Jetzt stellt sich die Frage, weshalb gibt es keine Wortprotokolle und weshalb sind die nicht online. Viele Gemeinden stellen die Protokolle online, scheint also möglich zu sein. Beispiele finden sich hier oder hier. Alternativ zur Veröffentlichung online wäre es doch auch eine Idee, das Ganze im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Geht aber in Uhldingen-Mühlhofen nicht. Entsprechende Vorstösse werden von den zuständigen Stellen immer wieder abgelehnt. Als Begründung wird der Datenschutz vorgeschoben. Interessant, dass das Abstimmungsverhalten und die Argumentation der Ratsmitglieder in öffentlichen Sitzungen dem Datenschutz unterliegen soll. In anderen Gemeinden tut es das jedenfalls nicht.
Veröffentlichen allein hilft nicht
Die Veröffentlichung der Inhalte der öffentlichen Sitzungen wäre ein erster Schritt hin zu mehr Transparenz im Rat. Dass das ein Thema ist, haben mittlerweile sogar die Freien Wähler (als eine der momentan und seit längerer Zeit größten Fraktionen im Rat) in Uhldingen-Mühlhofen entdeckt.
Das Problem dabei ist, dass Entscheidungen in unserer Gemeinde gerne in nichtöffentlichen Sitzungen so lange „vorbereitet“ werden, bis ein Ergebnis vorliegt. Dieser Austausch von Meinungen und Argumenten bleibt dann auch bei einer Veröffentlichung der Protokolle öffentlicher Sitzungen für die Bürgerinnen und Bürger unzugänglich. Dabei sieht die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg eindeutig vor, dass grundsätzlich öffentlich zu tagen ist. Abweichungen davon sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Davon gibt es in Uhldingen-Mühlhofen anscheinend reichlich viele.